Der fliegende Perser

Irans Präsident Chatami auf Staatsbesuch: Seine Gegner wollen ihn heute auf deutschem Boden diskreditieren – weshalb er sich auch innerhalb Berlins nur mit dem Hubschrauber fortbewegt

BERLIN taz ■ Die „Sicherheitsstufe 1“ gehört zur Folklore von Staatsbesuchen: Meist ist sie mehr Ehrbezeugung als Sicherheitsvorkehrung. Im Fall von Irans Präsident Mohammad Chatami ist das anders. Heute trifft er in Berlin ein, und der politische wie symbolische Erfolg seines dreitägigen Deutschland-Besuchs hängt an einer Frage: Wie heftig werden die Auseinandersetzungen um den Staatsgast ausfallen?

Chatami geht mit seinem Besuch ein beträchtliches innenpolitisches Risiko ein. Vor allem im Fall von gewalttätigen Ausschreitungen muss der Präsident fürchten, dass er im Iran noch stärker unter den Druck der konservativen Gegner seiner Reformbestrebungen gerät. Die deutschen Sicherheitsbehörden befürchten laut Spiegel, der von Chatami-Gegnern durchsetzte Geheimdienst Vevak könnte die rund 20.000 erwarteten Demonstranten aus ganz Europa aufstacheln. Fernsehbilder von Gewalttätigkeiten könnten den Reformgegnern in Teheran den Vorwand für weitere Pressalien liefern.

„Er wird hier bewegt in Hubschraubern“, heißt es im Kanzleramt zu den Sicherheitsvorkehrungen. Das gute Dutzend Demonstrationen während des Besuchs in Berlin sei so bewilligt worden, „dass sie nicht mit den Bewegungen des Gastes in Berührung kommen“.

Bereits am Samstag war es in Teheran zu Zusammenstößen zwischen Bürgerwehren und Demonstranten gekommen. Die BBC zitiert einen Studentenführer mit dem Vorwurf, die Ausschreitungen seien von konservativer Seite mit Blick auf Chatamis Deutschland-Besuch inszeniert worden. In der taz wirft ein Studentenführer dem Präsidenten in einem offenen Brief Untätigkeit vor: „Je brutaler die Überfälle der paramilitärischen Schlägertrupps auf die Aktionen der Studenten wurden, umso mehr bedachten Sie diese Studenten mit Ihrem eisernen Schweigen.“

Nicht nur der Gast, auch die Gastgeber befinden sich unter Druck. Die rot-grüne Bundesregierung muss unter Beweis stellen, nachhaltiger als die Kohl-Kinkel-Regierung gegen die Menschenrechtsverletzungen im Iran vorzugehen. Die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte, die Bündnisgrüne Claudia Roth, sagte der taz: „Vor allem erwarte ich, dass Herr Schröder klar macht, eine wirtschaftliche Öffnung des Iran wird nur von uns unterstützt, wenn sich die politische und humanitäre Lage verbessert.“ PATRIK SCHWARZ

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