Bersarin wird wieder Ehrenbürger

Nach hitziger Debatte entscheidet der Kulturausschuss, den sowjetischen Stadtkommandanten zu rehabilitieren

Zuerst sah es danach aus, als würde der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses das Thema Bersarin noch einmal aufschieben. Nach hitziger Diskussion fiel aber dann doch die Entscheidung: Nikolai Bersarin, sowjetischer Stadtkommandant im Nachkriegs-Berlin, soll die Ehrenbürgerwürde der Stadt zurückerhalten.

Der Titel war Bersarin 1992 wegen angeblicher Beteiligung an Massendeportationen aberkannt worden. Nachdem dieser Vorwurf aber von Historikern widerlegt worden war, beantragten die Grünen und die PDS Bersarins Rehabilitierung. Der Stadtkommandant habe sich mit „humanistischer Weltanschauung und politischer Toleranz“ um den Wiederaufbau der Stadt verdient gemacht.

Zu Beginn der gestrigen Sitzung zogen CDU und SPD noch an einem Strang. Sie beantragten, die Entscheidung auf die Zeit nach der geplanten Moskau-Reise des Ausschusses zu verschieben. Michael Cramer von den Grünen witterte Zeitspiel. „Sie wollen das nur verschieben, weil Sie sich nicht einigen können“, schäumte er. Das lockte Uwe Lehmann-Brauns (CDU) aus der Reserve. Er verstehe nicht, warum man sich gerade für Bersarin einsetze, der im Auftrag des Stalinismus in Berlin gewesen sei.

Das war der SPD, die für die Rehabilitierung Bersarins ist, zu viel der inhaltlichen Festlegung. „Wortbruch!“, wetterte die Abgeordnete Irina Rusta. Das sei nicht die Offenheit, die die CDU ihrem Koalitionspartner zugesagt hatte. Unter diesen Umständen stimme die SPD doch gegen eine Verschiebung der Debatte.

Alice Ströver von den Grünen legte, an Lehmann-Brauns gewandt, noch eins drauf: „Wenn wir uns in Moskau so präsentieren, wie Sie es hier tun, dann blamieren wir uns gewaltig.“ Die Rehabilitierung Bersarins und damit „ein differenzierteres Ost-Bild“ sei ein dringend nötiges Signal.

Im Lauf der Sitzung kapitulierte die Ausschussvorsitzende, die CDU-Abgeordnete Monika Grütters, vor den Zwischenrufen wie eine genervte Lehrerin vor einer plappernden Schulklasse. Am Ende aber war Bersarins Rehabilitierung beschlossene Sache. Am Donnerstag muss noch das Abgeordnetenhaus dem Antrag zustimmen.

FELIX WÜRTENBERGER