Keine Angst vor dem Biss der Cobra

Eigenständig würden Commerzbank und Dresdner Bank besser fahren als mit einer Fusion, sagt Uwe Foullong von der Gewerkschaft HBV, der auch im Aufsichtsrat der Commerzbank sitzt. Die Verschmelzung könnte 20.000 Stellen kosten

Interview KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

taz: Sie lehnen die angepeilte Fusion zwischen der Commerzbank und der Dresdner Bank ab. Welche Unternehmensstrategie halten Sie denn angesichts des nationalen und internationalen Konkurrenzkampfes der Bankinstitute für aussichtsreicher?

Uwe Foullong: Es gibt keine Not zu fusionieren. Eine Fusion ist ökonomisch nicht zwingend erforderlich. Es wird gutes Geld verdient in beiden Banken. Und gerade die Commerzbank hat wieder einen Rekordabschluss vorgelegt. Fusionen bringen nur Nachteile für die Beschäftigten und für die Kunden, weil ein Wettbewerber vom Markt verschwindet. Es bringt mehr, sich im härter werdenden globalen Wettbewerb klar europäisch auszurichten. Neue europäische Partner müssen gesucht und gefunden werden. Und die Kooperation mit bestehenden europäischen Partnern muss vertieft werden.

Der Versuch, unabhängig zu bleiben, ist auch keine Garantie für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Die Dresdner Bank will 5.000 Arbeitsplätze abbauen, auch wenn es nicht zur Fusion mit der Commerzbank kommen sollte. Vor allem will man das Filialnetz verkleinern.

Bei allen Banken wirft auch das inländische Filialnetz Erträge ab. Im globalen Maßstab betrachtet, ist den Banken die Rentabilität allerdings zu gering. Wir sind nicht gegen die Steigerung von Rentabilität und Produktivität. Aber bitte mit langfristig angelegten Strategien in Absprache mit den Beschäftigten. Und nicht mir brutalen Restrukturierungsmaßnahmen auf dem Rücken der Arbeitnehmer. Da hätten dann alle was davon: die Arbeitnehmer, die Kunden und die Aktionäre.

Während der jüngsten Sitzung des Commerzbank-Aufsichtsrates haben Sie sich gegen die vom Vorstand offenbar angestrebte Fusion ausgesprochen. Was befürchten Sie?

Lassen Sie mich vorab klarstellen, dass es sich bei den Gesprächen zwischen den Vorstandsmitgliedern der beiden angesprochenen Banken noch nicht um Fusionsverhandlungen handelt. Es wird zurzeit lediglich darüber gesprochen, ob es überhaupt einen Sinn macht, in Gespräche über eine Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank einzusteigen. Dennoch haben wir als Gewerkschaftsvertreter allen Anlass, schon jetzt zu prüfen, was genau die Folgen einer solchen Fusion – würde sie denn Realität – für die Beschäftigten wären.

Es gibt da Erfahrungswerte. Bei Großfusionen gehen etwa bis zu einem Viertel der Arbeitsplätze verloren. Bei Dresdner Bank und Commerzbank haben wir etwa 80.000 Beschäftigte insgesamt; somit wären etwa 20.000 Arbeitsplätze fusionsbedingt gefährdet. Das ist ein Massenprogramm zur Vernichtung von Arbeitsplätzen.

Die Cobra-Gruppe – Großaktionär bei der Commerzbank – hat schon damit gedroht, ihr Aktienpaket an eine Bank in Spanien oder in Italien zu verkaufen – oder an den Versicherungskonzern Generali. Würden bei einer feindlichen Übernahme der Commerzbank durch eine ausländische Bank bald nicht noch mehr Arbeitsplätze verloren gehen?

Die angeblich drohende feindliche Übernahme ist doch nur ein Gespenst, das durch die Zeitungen geistert. Da ist nichts Konkretes erkennbar. Die ausländischen Banken, die im Gespräch waren, haben immer erklärt, dass sie überhaupt kein Interesse daran hätten, die Commerzbank zu übernehmen. Richtig ist allerdings, dass die Partner der Commerzbank im Ausland die Kooperation mit der Commerzbank auf europäischer Ebene verstärken wollen. Das ist ja auch immer die Strategie der Commerzbank gewesen – bisher jedenfalls. An dieser Strategie der europäischen Wahlverwandtschaften soll der Vorstand festhalten.

Sie haben keine Angst vor dem Biss der Cobra?

Cobra hält ein Aktienpaket von knapp 20 Prozent. Damit alleine kann Cobra keine Geschäftspolitik zum Schaden der Bank und ihrer Beschäftigten durchdrücken.

Cobra hat bislang auch immer nur davon gesprochen, dass in Europa neue Partner für die Commerzbank gefunden werden müssten; von einer feindlichen Übernahme war doch nie die Rede.