Zeltmusik auf Weltniveau

Das Jazzport-Festival verbindet wie gehabt Jazz und kaum Verwandtes  ■ Von Andreas Schäfler

Sommer ist dann, wenn sich unter einem hoffentlich klaren Himmel eine Woche lang das Zeltdach des Jazzport-Festivals bläht. Von Freitag bis nächsten Samstag werden vor den Deichtorhallen im Schnitt täglich zwei Fässer aus dem Vollsortiment der gehobenen Unterhaltungsmusik aufgemacht – willkommen beim großen Montreux-Ähnlichkeitswettbewerb! Einige prekäre Kombinationen sind dabei unvermeidlich: Andreas Vollenweider und Rabih Abou-Khalil an ein und demselben Abend, desgleichen Ricky Lee Jones und Sandy Dillon oder Billy Cobham und Nils Petter Molvaer: Da muss man durch.

Diana Krall und Tony Bennett aber, die den Reigen morgen Abend jeweils in Quartett-Begleitung eröffnen, scheinen wie füreinander gemacht. Vielleicht ist bei dieser Singers Night nach alter Schule ja sogar ein Ständchen zu zweit drin. Die kanadische Sängerin und Pianistin Diana Krall, inzwischen von New York aus operierend, ist der neu aufgegangene Stern in den Jazz-Charts. Bei ihrem Auftritt wird garantiert niemand zu Schaden kommen. Das kann sich ändern, wenn Tony Bennett das Mikro übernimmt. 30 Millionen verkaufte Platten hat dieser Mann auf dem Gewissen. Auf seiner neuesten gibt der 73-jährige Mr. Benedetto, von Italian Soul Brother Frank Sinatra einst als „bester seines Fachs“ gepriesen, Ellington-Songs in fulminanter Big Band-Begleitung zum Besten. Beim Jazz-port hat er das erlesene Quartett von Ralph Sharon im Rücken.

So erklärtermaßen jazzig wird das Festival aber wohl nur an seinem ersten Abend klingen. Im übrigen ist es, wie gehabt, auf ein Jeder-kann-mitmachen aus Rang und Namen programmiert, die Preis-Leis-tungs-Effizienz nicht zu vergessen. Gefallsucht bestimmt die musikalische Palette, deren wundersame Feinsortierung aber auch ganz profan aus der Verfügbarkeit der gerade tourenden Genre-Stars resultiert. So schauen Freitagnacht die fleißigen Berserker der rockenden Rollins-Band vorbei, am Samstag macht die einheimische Groove Galaxi als Vorgruppe Dampf für den gottväterlichen George Benson, bevor dann Me'Shell Ndegeocello einmal mehr die kratzbürstige Madonna gibt.

Neu im Geschäft ist Sandy Dillon, ihres Zeichens „zur Zeit das skurrilste Geschöpf der jungen Londoner Szene“. Nun, auf ihrem ersten Album Electric Chair steckt sie knietief in den Fußstapfen von Tom Waits und kommt nicht recht vom Fleck, mag sie auch noch so drastisch herumkrähen. So wird Rickie Lee Jones wohl leichtes Spiel haben, den sonntäglichen Damenabend zu ihrem zu machen.

Am Montag steigt die festivalobligate Salsa-Gala, dank der Bestü-ckung mit Celia Cruz und José Alberto eine sichere Sache. Mit World Music etikettiert ist der Dienstag, den sich der butterweiche Schweizer Harfenist Andreas Vollenweider und der libanesische Oud-Virtuose Rabih Abou-Khalil teilen, bevor am Mittwoch dann die geballte Power of Brazil über Hamburg hereinbricht: Pernambuco Em Canto, ein Originalimport aus dem brasilianischen Nordosten bzw. ein Programmpunkt aus Montreux – sprich eine 3-Stunden-Völlerei mit zwei Orchestern und diversen Special Guests, darunter Nana Vasconcelos. Fortsetzung folgt.

Das Programm: Freitag: Diana Krall und Tony Bennett, 20 Uhr; Rollins Band, 23.30 Uhr; Samstag: George Benson und Groove Galaxi, 20 Uhr; Me'Shell Ndegeocello und Blackalicious, 23.30 Uhr; Sonntag: Rickie Lee Jones und Sandy Dillon, 20 Uhr; Montag: Celia Cruz und José Alberto, 20 Uhr; Dienstag: Andreas Vollenweider und Rabih Abou-Khalil, 20 Uhr, Mittwoch: Pernambuco Em Canto mit dem Orchestra de Frevo, Elba Ramalho, Nana Vascolcelos, Morais Morei Ra, Geraldo Azevedo, Lula Queiroga und anderen, 20 Uhr, alle Konzerte im Zelt vor den Deichtorhallen