Ein Lob der Dichtung

Chatami weihte mit Präsident Rau in Weimar ein Denkmal in Gedenken an Goethe und Hafis ein. Polizeieinsatz in Berlin kostete 9,9 Millionen Mark

WEIMAR ap/taz ■ Der dritte und letzte Tag der Deutschlandvisite des iranischen Staatspräsidenten Mohammed Chatami stand ganz im Zeichen eines Dialogs der Kulturen: Der Präsident eines Staates, der den Schriftsteller Salman Rushdie auf die Todesliste setzte, besuchte gestern in Weimar das Wohnhaus des Dichters und Weltbürgers Johann Wolfgang Goethe.

Gemeinsam mit dem deutschen Staatsoberhaupt Johannes Rau enthüllte Chatami am Nachmittag ein Denkmal zur Erinnerung an Goethe und den persischen Dichter Hafis. Hafis, gestorben 1388, war einer der Lieblingsdichter Goethes. Dieser bezog sich in seinem Gedichtzyklus „West-östlicher Divan“ auf die Lyrik des Persers.

Zum Abschluss des Tages diskutierten Präsident Chatami und Rau im Stadtschloss über den „Dialog der Zivilisationen“, wobei sie ihr Engagement für einen Neuanfang in den Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran bekräftigten.

Bei der Einweihung des Goethe-Hafis-Denkmals bezeichnete Chatami die Zwiesprache zwischen Goethe und Hafis als ein „schönes Beispiel des Umgangs zwischen Ost und West“. Rau sprach von dem „schönsten Beispiel eines gelungenenen Dialogs zwischen Deutschen und Persern“ und fügte hinzu: „Ich betrachte das Denkmal als Aufforderung, den Dialog wieder aufzunehmen. Lassen Sie uns das Gespräch im Geiste von Hafis und Goethe führen“.

Das Denkmal besteht aus zwei steinernen Stühlen, die so aus einem einzigen Granitblock heraus geschnitten wurden, dass sie zusammengefügt wieder den ursprünglichen Stein ergeben würden. Sie stehen sich auf einer Bronzeplatte gegenüber und bilden eine Ost-West-Achse. Im Zentrum des Denkmals steht ein Vers von Hafis in persischer Kalligrafie: Darunter befinden sich die Verse: „Wer sich selbst und andre kennt / Wird auch hier erkennen / Orient und Okzident / Sind nicht mehr zu trennen.“

Ähnlicher Meinung war auch die Bundesregierung, die gester den Deutschlandbesuch des iranischen Präsidenten bewertete. „Wir wollen die Beziehungen nach vorne orientieren“, so Außenminister Joschka Fischer zur Süddeutschen Zeitung. „Jetzt gehen wir realistisch und mit klarer Sicht an die Probleme heran.“

Fischer erklärte weiter, der Begriff des Risikostaates, unter dem Iran in den USA geführt werde, „trage nicht weit“. Wegen der innenpolitischen Gegner des als gemäßigt geltenden Chatami sei die Einflussnahme von außen eine „zweischneidige Sache“.

Die Berliner Polizei zog unterdessen eine Bilanz des Besuches Chatamis.Der Einsatz von 4.400 Polizisten und die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen kosteten Berlin rund 9,9 Millionen Mark.