„Wir haben leider keinen Beckenbauer“

Klaus Walkenhorst, Leiter des Ruder-Leistungszentrums in Dortmund, über das Scheitern des deutschen Achters

taz: Was ist los mit dem deutschen Ruderachter?

Klaus Walkenhorst: Für mich ist das ein Problem zwischen den älteren und jüngeren Ruderern im Achter gewesen.

Inwiefern?

Es gab da ein paar Platzhirsche, die ihre Position gehalten haben.

Nach dem Niedergang des DFB-Teams und der verpassten Olympiaqualifikation durch den Achter: Muss man sich Sorgen um die Psyche der deutschen Sportnation machen?

Den Vergleich mit dem Nationalteam habe ich neulich auch gezogen, beim DFB ging’s bergab, bei uns auch. Das war bei uns auch vor einem Jahr abzusehen. Es gibt da schon Parallelen.

Welche denn?

Die Verbandsstruktur ist überholt, manches zu eingefahren. Wir brauchen neue Leute. Sowohl auf der sportlichen als auch auf der Funktionärsebene. Aber wir haben leider keinen Franz Beckenbauer, der ja neulich gesagt hat, nicht der Einzelne ist für den Neuaufbau wichtig, sondern ein starkes, frisches Team.

Sie haben keinen Beckenbauer, aber mit dem Achter-Bundestrainer Ralf Holtmeyer vielleicht den Erich Ribbeck der Skuller?

Nein, das würde ich nicht so sehen. Das Problem liegt nicht so sehr bei den Trainern, ob Holtmeyer und Grahn, sondern bei den Athleten. Es ist Unruhe und Nervosität hereingekommen.

Woher?

Von Sportlern, die meinten, sie wären besser als die, die im Achter sitzen.

Nun wurde davon berichtet, dass Holtmeyer nach seiner langen Amtszeit den Rückzug ins zweite Glied plant – ratlos, müde, ausgelaugt?

Nach so einer langen Zeitspanne muss es zu Abnutzungserscheinungen kommen. Das ist logisch.

Es wurde in Ruderkreisen gemutmaßt, manch ein Athlet hätte sogar gegen Holtmeyer gerudert, also ein bisschen weniger Druck aufs Ruderblatt gebracht?

Ja, da wurde viel gemutmaßt, aber das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Wenn man auf dem Wasser ist, rudert nicht der Kopf, sondern das Adrenalin.

Andere Quellen berichteten, ein schwelender Ost-West-Konflikt sei neu entbrannt, zumal Grahn, der neue Coach 1968 und 1972, im DDR-Goldvierer saß?

Auch daran glaube ich nicht wirklich. Sicherlich trägt die eine oder andere Reiberei dazu bei, dass es nicht richtig läuft, aber ursächlich war der Generationenkonflikt. Auch die Diskussion um die Besetzung des richtigen Schlagmanns oder eine andere Position im Boot waren nur ein Randthemen.

Den DFB wird die WM 2006 retten, was rettet den Deutschland-Achter?

Es müssen neue Leute her. Auf allen Ebenen. Nur so gelingt der Neuanfang. Die Krise des Achters hat auch ihr Gutes. So ist Platz für den Nachwuchs.

INTERVIEW: MARKUS VÖLKER