Berufener Prüfer

Der Staats- und Völkerrechtler Jochen Frowein ist einer der drei „Weisen“, die das „Schurkenstaaterl“ Österreich für die EU begutachten sollen

Jochen Frowein ist wohl eine ideale Besetzung für diese Funktion. Als einer von drei europäischen „Weisen“ soll der 66-jährige Heidelberger Staats- und Völkerrechtler in den kommenden Monaten überprüfen, wie sich die Situation in Österreich nach der Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen FPÖ verändert hat. Auf Grundlage dieses Berichtes werden dann die übrigen 14 EU-Staaten entscheiden, ob sie die Sanktionen gegenüber Österreich aufheben oder nicht. Frowein ist Spezialist für heikle völkerrechtliche Fragen und scheut nicht vor unbequemen Aussagen zurück. Ohne Rücksicht auf die Interessen der Großmächte äußert er sich zugunsten so genannter Schurkenstaaten. So kritisierte er die völkerrechtlich fragwürdige Zulässigkeit der Nato-Angriffe auf Jugoslawien. Und den Irak unterstützte er argumentativ gegen US-Luftangriffe ohne UN-Mandat.

Dabei ist Frowein kein wissenschaftlicher Außenseiter. Seit fast 20 Jahren leitet er das Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches Öffentliches Recht und Völkerrecht. Erst im Vorjahr wurde er zum Vorsitzenden der als konservativ geltenden Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer gewählt. Die Österreicher hoffen nun, dass er auch ihnen ohne machtpolitische Rücksichten gegenübertritt. Frowein sei ein „ernster Wissenschaftler mit der nötigen Distanz zu politischen Vorverurteilungen“, freute sich bereits Ex-FPÖ-Chef Jörg Haider.

Auf der anderen Seite kann Österreich aber sicher nicht mit einem Persilschein Froweins rechnen. Schließlich engagiert sich der vielsprachige Jurist schon seit Jahrzehnten im Bereich des internationalen Grundrechts- und Minderheitenschutzes. So war er von 1973 bis 1993 Mitglied der Menschenrechtskommission des Europarats, acht Jahre davon als Vizepräsident dieses Gremiums. Aufgrund dieser Erfahrungen hat Frowein eines der führenden Kommentarwerke über die Europäische Menschenrechtskonvention verfasst. Dieser wissenschaftliche Hintergrund wird ihm bei der Begutachtung der nach rechts gekippten Alpenrepublik helfen.

Eine Wiener Zeitung hat nun herausgefunden, dass Froweins Vater lange Zeit als Generalkonsul in Graz agierte. Doch dürfte das auf das Ergebnis der Prüfung wenig Auswirkungen haben. Hoffnung dürfte der Wiener Regierung eher machen, dass mit Frowein eine Aufrechterhaltung der Sanktionen nur um der political correctness willen nicht zu haben ist. Im Konflikt zwischen Politik und Rechtsstaatlichkeit geht letztere für ihn eindeutig vor. CHRISTIAN RATH