Aids lässt Afrika verwaisen

Jedes fünfte Kind im Süden des Kontinents wird in zehn Jahren eine Aidswaise sein. Zum Abschluss der 13. Welt-Aids-Konferenz in Durban verspricht die Chemieindustrie gratis Medikamente

DURBAN taz ■ Es wird in Zukunft für die Länder der Dritten Welt einen erleichterten Zugang zu Aidsmedikamenten geben. Das ist ein Resultat der 13. Welt-Aids-Konferenz im südafrikanischen Durban, die heute zu Ende geht.

So wird der deutsche Pharmakonzern Boehringer Ingelheim Entwicklungsländern das Mittel Viramune unter bestimmten Bedingungen kostenlos zur Verfügung stellen. Es kann die Übertragung des HIV-Virus von schwangeren Frauen auf ihre ungeborenen Kinder deutlich senken. Es ist der Konferenz einigermaßen gelungen, ihr Motto „Das Schweigen brechen“ zu erfüllen, befanden gestern die meisten Konferenzteilnehmer.

Die alle zwei Jahre einberufene Tagung fand zum ersten Mal in Afrika statt und hatte deshalb so viele afrikanische Besucher wie nie zuvor. Gleichzeitig wurde allerdings die ökonomische und kulturelle Kluft zwischen Arm und Reich überdeutlich: auf der einen Seite die oft homosexuellen Aktivisten aus den Großstädten der Ersten Welt, auf der anderen Seite afrikanische Familienmütter und Kirchenmitglieder, die verzweifelt versuchen, Tabus zu brechen.

Zugleich wurde in Durban jedoch immer wieder vor überzogenen Erwartungen an eine alleinige Senkung der Medikamentenpreise gewarnt. Selbst bei einer Reduzierung von 90 Prozent können sich vor allem die Afrikaner eine Behandlung noch immer nicht leisten. Auf Grund der Nebenwirkungen und der erforderlichen medizinischen Überwachung ist für die Landbevölkerung in Afrika eine medikamentöse Behandlung ohnehin keine Alternative zur Prävention durch Kondome.

Selbst dann wird die Zahl der Aidswaisen in Afrika explodieren. Im Jahr 2010, so eine gestern vorgelegte Studie der US-Entwicklungsbehörde US-Aid, wird es weltweit 30 Millionen Aidswaisen geben. 90 Prozent davon werden in Afrika südlich der Sahara leben – jedes fünfte Kind dort. Nicht dazugerechnet wurden Säuglinge, die bereits mit dem Virus geboren und kaum älter als fünf Jahre alt werden.

„Die Pandemie wird eine Anzahl von Waisen hervorbringen, die in der Geschichte der Menschheit ohne Beispiel ist“, warnte die Autorin Susan Hunter. KORDULA DOERFLER

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