ADFC: Auf die Klebe-Tour

■ Wider das Chaos auf Bremens Bahnhofsplatz: Erst Aufkleber, dann Abschleppen / Dem „wilden Parken“ der Radler geht es an die Speichen / Der ADFC spielt einfach mit

Es gibt gute Menschen. Und schlechte Menschen. Und dann gibt es noch ordnungsgemäße Parker. Und „wilde Parker“. Die Erfahrung im Bauressort lehrt, dass die schlechten Menschen unter den Verkehrsteilnehmern ziemlich gleich verteilt sind. Ergo: Radfahrer sind keine bessere Menschen als der gemeine Autofahrer. Also wird jetzt durchgegriffen.

Und zwar am Bahnhofsvorplatz. Dort rückt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) den regelmäßig ordnungswidrig parkenden Radlern derzeit mit Aufklebern zu Leibe: „Liebe Radfahrerin, lieber Radfahrer“, wenden sich ADFC, Bausenator und das Amt für Straßen und Verkehr darauf an die Verkehrssünder. Man fände es zwar ausgesprochen toll, dass Sie sich umweltfreundlich fortbewegte. „Nicht so gut finden wir, wie Sie ihr Fahrrad auf dem Bahnhofsplatz angeschlossen haben.“ Nämlich an Gitter, Gatter, Bäume und Lampen gekettet. Vor dem Eingang, an Bus- und Taxihalteständen. Sprich: im Weg.

Und das, wo es doch ganze Bataillone von Fahrrad-Bügeln (300) in „vertretbarer Nähe zum Hauptbahnhof“ stehen, dort wo das Investoren-Gebäude auf sich warten lässt. Wo die Suchenden derweil „sicherlich einen freien Bügel“ vorfinden würde, erklärt das Dreier-Bündnis gegen Wild-Parken.

Für manche Radler ist das ein schlechter Scherz. Gibt es keine anderen Probleme in dieser Stadt, wundert sich Marcel Thielbar vom Bremer Radkurier: „Kleinbürgerliche Streitigkeiten“, findet er. Schließlich stehen rund 50 Räder täglich falsch und wild am Bahnhof rum.

Dabei sei der Erfolg der Sticker-Aktion nicht von der Hand zu weisen, erklären dagegen die Klebetrupps. Erst letzten November ist man per Aufkleber gegen die „wilden Parker“ vorgegangen. Danach hätte es deutlich weniger Probleme gegeben, erklärt Holger Bruns, Pressesprecher im Bauressort. Tausend Aufkleber für 3.000 Mark wurden damals gedruckt. Ein Großteil blieb übrig, mit dem jetzt die zweite und vielleicht noch eine dritte Klebeaktion gesponsert werden kann.

Eine „nette Aktion“ nennt der ADFC die Klebe-Kampagne: „Wir wollen nicht, dass Fußgänger durch Radfahrer behindert werden, da hat sich unser Interesse mit dem der Behörde getroffen“. Schließlich vertrete der ADFC auch Fußgänger. Trotzdem steckt man damit irgendwie ein bisschen in der Zwickmühle. Auf der einen Seite wünscht man sich Bügel am Bahnhofseingang für „Kurzparker“. Und auf der anderen Seite pappt man Kurzparkern mangels Bügel die Aufkleber auf den Sattel. Und dann gibt es noch Rechtfertigungszwänge für die Radler-Fraktion, wenn die lange geforderten Bügel auf dem Investorengelände leer stehen. Deshalb die Devise: Verwarnen auf die sanfte Art. Selbst den Info-Text hätte man gerne noch „ein bisschen netter“ geschrieben. Aber die ADFC-Textvariante wurde im Herbst von den Bündnispartnern verworfen.

Andere Städte greifen härter durch und schleppen ab, warnt Holger Bruns. „So weit sind wir in Bremen noch nicht.“ Könnte aber kommen: Schon im Mai haben SPD und CDU in der Bürgerschaft einen Antrag eingereicht. Die erfolgreiche Aufkleber-Aktion sollte wiederholt werden. Anschließend sollten im Juli ordnungswidrig geparkte Räder kostenpflichtig vom Bahnhofsplatz entfernt werden. Der Tagesordnungspunkt wurde vertagt, kommt aber nach der Sommerpause zurück. Das Abschleppen rückt in greifbare Nähe.

„Man muss auch mal hart durchgreifen“, erklärt Hartmut Spiesecke, Pressesprecher des Innensenators. „Wer sein Rad nicht ordentlich abstellt, dem geht es wie dem Autofahrer.“ Und zahlt fürs Abschleppen. Oder man hält sich an den Aufruf des Stickers: „Vielen Dank, dass sie unsere Fahrradbügel auf dem Bahnhofsvorplatz benutzen.“

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