Alles bleibt gut

Die Butlers machen auf dem mittlerweile sechsten Album „Fight Like A Lion“ weiterhin trotzig ihren Ska

Allzu leicht auszurechnen waren The Butlers noch nie. Auch die neue Platte der Berliner beginnt nicht so, wie es sich für eine zünftige Ska-Band eigentlich gehört. Anstatt von Anfang an in einem flotten Tempo im Offbeat loszulegen, schrammelt eine einsame Gitarre ein paar melancholische Akkorde. Doch dann setzen die Bläser ein, Sänger Wanja bellt wie gewohnt, und die Rhythmusgruppe hoppelt direkt in den Filzhütchen-Himmel. Alles bleibt gut.

Auf Tradition haben die Butlers nie viel gegeben, auch wenn sie auf „Fight Like A Lion“, ihrem mittlerweile sechsten Studio-Album, Bob Marley und Lee Perry ehren, indem sie Stücke von ihnen covern. Selbst wenn sie behaupten, noch nie zuvor so altmodisch geklungen zu haben wie auf dieser Platte: Ska war für die Butlers, im Gegensatz zu den meisten ihrer Genre-Kollegen, all die Jahre nicht nur eine Sackgasse der verzweigten Musikgeschichte, die zwar bewahrenswert, aber halt auch vom Aussterben bedroht ist. Die Butlers verschnitten immer wieder andere Stile mit ihrem geliebten Ska, war es nun Soul oder Blues, Punk oder Rock.

„Ska“, sagt Gitarrist Soelve Preuß, „ist für mich ein sehr weiter Begriff.“ In der Frühzeit hatte man denn auch „Ärger mit den Puristen, und das war ja nicht unbegründet“, grinst Preuß. Ihr respektloser Umgang mit der Materie sorgte zwar in der eher konservativen Ska-Szene für böses Blut, brachte dafür aber neue Fans in die Konzerte der Butlers.

So hat man sich mit den Jahren „einen Platz in der deutschen Musiklandschaft erarbeitet“, stellt Preuß fest, einer von drei Butlers der aktuellen achtköpfigen Besetzung, die bereits seit der Gründung 1987 dabei sind. Damals war Preuß gerade mal 16 Jahre alt, und seine Mutter musste für ihn den ersten Plattenvertrag unterschreiben. „Alle Höhen und Tiefen“ hat man mittlerweile durchgemacht, vom Schlafen auf der Bühne bis zu umjubelten Auftritten im Vorprogramm der Ärzte. „Ohne vermessen klingen zu wollen“, sagt Preuß, „würde ich sagen, wir sind erfolgreich, weil wir weitermachen können ohne finanzielle Probleme.“

60 Konzerte spielt man durchschnittlich im Jahr, eine Tournee durch die Republik zusammenzustellen, ist niemals ein Problem: Das Ska-Publikum ist treu, das der Butlers ganz besonders. 350 Leute kommen überall zu den Auftritten, die Butlers zu buchen ist für keinen Veranstalter ein Risiko. Aber von der Band zu leben, dazu hat es trotzdem nie gereicht. Die Live-Auftritte tragen sich gerade so, denn wegen der im Ska üblichen Besetzung mit Bläsern ist man mit insgesamt 14 Musikern und Technikern unterwegs. Das macht die Sache teuer. Auch die Platten spielen meist nur die Produktionskosten wieder ein, mehr als „ein Taschengeld dazuverdienen“ kann man als Butler nicht.

Trotzdem: „Sich zu verabschieden von dem Gedanken, mit der Musik seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, das sollte man nicht“, erklärt Preuß trotzig. Und gibt zu, dass das durchaus „Zweckoptimismus“ ist. Eine gewisse Milde des Alters merkt man ihm an. Zumindest die drei Originalmitglieder, sagt er, seien „ruhiger geworden, was die Ansprüche angeht“. Nicht vor leeren Sälen auftreten zu müssen, Platten zu machen, die sich verkaufen, „Spaß haben“, all das ist auch nicht schlecht. Momentan aber „spielen wir um den Aufstieg in die erste Liga mit“, sagt Preuß. Bis es so weit ist, warten sie noch auf das bisschen Erfolg mehr, auf den einen Hit, der die Alltagsjobs überflüssig macht. Bis dahin schlägt man sich eben durch als Grafiker, mit dem Job in der Konzertagentur, als Musikstudent oder Lebenskünstler.

Manch anderer aber machte sich ganz andere Vorstellungen von den Umsätzen einer Ska-Band in Deutschland. So wurden sie von der DDR-Musikerlegende Klaus Renft vor einigen Jahren verklagt, weil der, wie er behauptete, bereits in den 60er-Jahren eine Band namens Die Butlers betrieben hätte. Eine fünfstellige Summe wollte Renft, bekommen hat er schließlich nichts.

Selbst wenn seine Ansprüche begründet gewesen wären, wer hätte ihm das Geld schon zahlen können. „Wir sind kein Wirtschaftsunternehmen, wir sind ein Mikrokosmos“, sagt Preuß. Ein Mikrokosmos in schwarzen Anzügen, möchte man ergänzen. Für ihre Auftritte zwängen sie sich noch immer in den Two-Tone-Look, als wären Specials und Madness noch nicht längst nur mehr Erinnerungen an ein vergangenes Jahrhundert. Aber: „Am Ende von fast jedem Konzert“, verspricht Preuß, auch andere Traditionen nicht abreißen zu lassen, „haben wir uns sowieso ausgezogen.“ THOMAS WINKLER

The Butlers: „Fight Like A Lion“ (Grover/SPV); Konzert, heute um 20 Uhr, im SO 36, Oranienstr.190