Bildungsabbau auch bei Bremens Knackis

■ Auch für den letzten Deutschkurs im Knast ist das Geld gestrichen worden / Das Niveau der Ausbildungen im Gefängnis wird vereinfacht, damit mehr Knackis einen Abschluss schaffen

Jetzt ist auch der letzte Deutschkurs für Ausländer in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Oslebshausen ersatzlos gestrichen worden. Letzte Woche erhielten neun Häftlinge im Erwachsenenvollzug der JVA ihre letzte Stunde. Finanzprobleme, heißt es als Begründung. „Wir finden die Entscheidung nicht gut, weil wir als Gefangene Deutsch lernen wollen und das wichtig ist für die Integration“, schreiben die betroffenen Häftlinge in einem offenen Brief. „Auch aus psychischen oder seelischen Gründen ist es wichtig, die Klasse für soziale Kontakte zu erhalten. Auf diese Weise wird auch viel Druck von uns genommen“.

Das Budget sei vom Senat gekürzt worden. Das habe Auswirkungen auf sämtliche Bereiche, erläutert Hartmut Krieg, Bereichsleiter für Schul- und Berufsausbildung beim Senator für Justiz und Verfassung. „Wir mussten uns entscheiden. Gestrichen werden sollte entweder die Hauptschulklasse für die Frauen oder eben der Deutschkurs“, beschreibt Krieg. Den Frauen wollte man diese Kürzung nicht antun, denn die seien wegen der geringen Zahl ohnehin „nicht gerade bevorzugt“. 25 Frauen und 725 Männer sitzen zurzeit in der JVA ein, mehr als 27 Prozent sind Ausländer.

„Wenn schon ständig darauf hingewiesen wird, dass das Klientel in der JVA immer schwieriger wird, ist es eine Katastrophe, wenn diese grundlegende Sache gestrichen wird“, sagt Hermann Kuhn, justizpolitischer Sprecher der Grünen. Und das Klientel ist schwieriger geworden. Jedenfalls stand es so in den Antworten einer kleinen Anfrage der CDU-Abgeordneten Almut Haker zum Thema Bildung im Knast. Vermehrte Drogenabhängigkeit, höherer Ausländeranteil und sonderpädagogische Prob-lemlagen zählt Hartmut Krieg, Verfasser der Antworten, in diesem Papier als Gründe auf. Um diesem Klientel entgegenzukommen, wird in der JVA seit kurzem auch extra mit neuen Konzepten gearbeitet. „Wir bieten jetzt Teilqualifikationen an. So kann jeder Gefangene nach seinem Potenzial lernen“, erklärt Krieg. Genauer gesagt heißt das: Es gibt jetzt breiter gefächerte Angebote mit weniger Anforderungen und Vorkenntnissen. Zum Beispiel die Ausbildung zum Koch: Die dauert gleich dreieinhalb Jahre und erfordert Voraussetzungen, die offenbar nur wenige Gefangene mitbringen. „Jetzt kann man bei uns zur Küchenhilfe ausgebildet werden. Das geht viel schneller und ist einfacher“, beschreibt Krieg. Weitere Angebote sind Gabelstaplerfahrer oder Fassadenreiniger - damit könnten auch schwierige Fälle auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Klassische Ausbildungen wie Mechaniker oder Schweißer bleiben dabei bestehen. Diese Projekte werden, im Gegensatz zu dem Deutschkurs, durch Drittmittel, unter anderem EU-Gelder, unterstützt.

Die Basis, selbst bei den geringeren Anforderungen mithalten zu können, wurde so manchem Häftling mit dem Streichen des Deutschkurses allerdings genommen. „Ich halte den Kurs gerade bei den Erwachsenen als außerordentlich zwingend. Hier werden schließlich nötige Basiskenntnisse vermittelt“, warnt Hans-Joachim Kruse, pädagogischer Leiter in der JVA. Einzige Möglichkeit auf Schulbildung für die Erwachsenen bieten jetzt noch die Klassen für den erweiterten Hauptschulabschluss, jeweils eine bei den Männern und Frauen. Die Schüler aus dem gestrichenen Deutschkurs seien hier jedoch nicht integrierbar, unter anderem wegen sprachlicher Differenzen, so Kruse: „Die werden jetzt eben arbeitsmäßig eingesetzt.“

Im Jugendvollzug gibt es schon seit zwei Jahren keinen Deutschkurs für Ausländer mehr. „Die meisten ausländischen Häftlinge sprechen aber auch so gut Deutsch, dass das nicht unbedingt notwendig ist“, meint Hartmut Krieg. „Ich würde ein Deutschangebot im Jugendvollzug sehr begrüßen“, entgegnet der pädagogische Leiter Kruse. Immerhin gibt es bei den Jugendlichen noch eine Elementargruppe, in der Häftlinge auf eine der zwei Hauptschulklassen vorbereitet werden sollen. „Leider klappt das nicht immer“, sagt Kruse. Deutsch ist in allen Klassen einfach nur ein Fach von vielen.

Einen Sprachkurs am Computer könnte Hartmut Krieg sich als Alternative vorstellen. Lisa Lutzebäck, Pressesprecherin beim Senator für Justiz und Verfassung, sieht dafür keine Notwendigkeit: „Viele ausländische Insassen werden nach der Haft wieder in ihr Heimatland abgeschoben. Da nützt es denen doch auch viel mehr, eine Teilqualifikation zu erwerben, als Deutsch zu lernen.“

Imke Gloyer