Die Queen und der Kaffeeklatsch

Allan Hall (42), ein Berlin-Korrespondent der „Times“, über den Besuch von Elizabeth II.: Business as usual. Sensationell wäre nur, wenn sie ankündigen würde, den Buckingham-Palast zu verlassen, um zukünftig in einem Wohnmobil zu leben

Interview BARBARA BOLLWAHN
DE PAEZ CASANOVA

taz: Die Queen ist in der Stadt, und die Presse weiß allerhand brisante Details zu berichten: Elizabeth II. und Prinz Philip schlafen in getrennten Zimmern; ihre Schrankkoffer sind mit gelben Stickern gekennzeichnet, seine mit lila Aufklebern; beim Abendessen mit dem Botschafter gibt es Carpaccio, Lammrücken und weißen Pfirsich mit Champagnerschaum. Ist das Weltstadtpresse?

Allan Hall: Ich denke schon. Sicher, all diese Details sind trivial und harmlos. Aber königliche Hoheiten – ob nun Ernst August von Hannover oder die Queen – leben nun einmal anders, und den Menschen gefällt es, von außen da hineinzuschauen. Das ändert die Welt nicht, es ist, was es ist: nur Kaffeeklatsch. Auch auch die englischen Leser interessieren sich ein bisschen dafür, mit wie viel Koffern und Teelöffeln die Queen reist.

Was interessiert Sie am Queen-Besuch?

Mich interessiert der Ton, wie darüber berichtet wird. Die Artikel, die ich gelesen habe, setzen sich kritisch mit der Architektur der Britischen Botschaft auseinander, aber der Umgang mit der Queen ist sehr respektvoll. Oft berichtet ja die britische Presse kritisch über Deutschland und umgekehrt. Letzte Woche schrieb Bild über London, die Stadt wäre schmutzig, teuer und langweilig, und nach elf Uhr nachts könne man nichts mehr trinken. Es gibt da eine Art Reibung, die wahrscheinlich noch vom Krieg herrührt.

Ihr Kollege Roger Boyes hat vergangene Woche in der Times über Berlins „submetropolitan society“ gespottet, die nicht weiß, ob sie Handschuhe tragen soll und wie ein richtiger Knicks geht.

Der Artikel war sehr persönlich. Ich meine, Berlin ist eine interessante Stadt, und den Berlinern gefällt es, die Queen hier zu Besuch zu haben, weil es die Stadt mehr als Weltstadt fühlen lässt. Die Berliner fühlen sich wichtig, wenn wichtige Menschen kommen.

Geht es Ihnen auch so?

Wenn ich ehrlich bin, nicht so sehr. Ich habe zwölf Jahre in Amerika gearbeitet und die Queen dort zweimal getroffen. So ist es jetzt nur ein Job wie jeder andere für mich.

Wie waren Ihre Treffen mit der Queen?

Die Queen schüttelt tausenden Leuten die Hände, und sie wird sich an mich nicht erinnern.

Macht Sie das traurig?

Nein, ich nehme ihr das nicht übel (lacht).

Was könnte Sie beim Queen-Besuch vom Hocker hauen?

Wenn die Queen ankündigen würde, dass sie den Buckingham-Palast verlässt, um in einem Wohnmobil zu leben. Das wäre eine Sensation.