ahornblatt: Die Chance nutzen
Mit dem Ahornblatt auf der Fischerinsel steht erneut ein Baudenkmal der Berliner Nachkriegsmoderne auf der Streichliste der Abrissideologen des neuen Berlin. Im frühen Morgengrauen sollen die Bagger anrücken, um dem markanten, selbst tragenden Schalenbau, der mittlerweile mehr Aufmerksamheit findet als etliche ambitionierte Neubauten der Nachwendezeit, endgültig den Garaus zu machen.
Offener Briefvon JÖRN DARGEL
Die neu entfachte Begeisterung für qualitätvolle Bauten der Nachkriegsmoderne in Ost und West und die zunehmende Wertschätzung in der jungen Generation der Kulturmenschen werden von den herrschenden Repräsentanten des etablieren Mainstreams mit Missachtung und Rigorismus abgestraft.
Alle, die ein Gespür für das neue Nachdenken und den Wertewandel der jungen Generation besitzen, muss die Verbohrtheit der älteren Generation verwundern. Geht es doch mehr denn je darum, die Verschmelzung von Ost und West im Umgang mit der historischen und gesellschaftlichen Mitte auch in Architektur und Städtebau zu vermitteln.
Das Ahornblatt zu erhalten und für eine zeitgemäße Nutzung neu herzurichten wäre das Gebot der Stunde für eine zukunftsträchtige Stadtpolitik. Noch ist es dazu nicht zu spät, auch wenn es „fünf vor zwölf“ ist: Warum kann die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht angesichts der neueren Entwicklung vom Senat eingefordert werden? Warum kann der Senat mit dem frischen Millionensegen aus dem Handel um die Steuerreform nicht endlich eine überfällige Bestandsanalyse für einen neuen Umgang mit der Nachkriegsmoderne in Gang setzen? Warum kann die oberste Landesdenkmalbehörde nicht die Zustimmung zum Abriss widerrufen? Noch besteht die Chance dazu! Nutzen wir sie, aber subito!
Jörn Dargel ist Vorstandsmitglied im Deutschen Werkbund.
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