Wenn die Jungen wie die Alten

Die deutsche U-18-Nationalmannschaft startet mit einem ernüchternden 0:1 gegen die Ukraine in die EM und erinnert manchen bereits verdächtig an die vormaligen Vorbilder

MANNHEIM taz ■ Der ältere Herr auf der Haupttribüne des Mannheimer Carl-Benz-Stadions machte ein mürrisches Gesicht. „Die schbiele schun wie die Alte“, moserte der Mann in „Monnemer“ Dialekt und garnierte seine Bemerkung mit einer wegwerfenden Handbewegung. Was die deutsche U-18-Nationalmannschaft ihm und 14.999 anderen Zuschauern zum Auftakt der Europameisterschaft in Süddeutschland bot, gefiel nicht. Und das Resultat schon gleich gar nicht: 0:1 verloren gegen die Ukraine. Nach diesem klassischen Fehlstart sind nicht nur die Titelträume fast ausgeträumt, ja sogar die WM-Qualifikation ist nun gefährdet.

Es gab Zeiten, da wäre der Vergleich mit den „Alten“ das ultimative Kompliment gewesen für Nachwuchskicker. Im Fußball-Deutschland des Jahres 2000 ist dieses Urteil aber eher das Schlimmste, was jungen Fußballern widerfahren kann. Wer will schon mit einer Nationalmannschaft in einen Topf geworfen werden, die von der Boulevardpresse als „Sauhaufen“ bezeichnet wurde und das Etikett „EM-Versager“ trägt. Grund genug für Uli Stielike, seine Spieler nach dem verpatzten Einstieg in das EM-Turnier in Schutz zu nehmen. Einsatz, Engagement, Willen, das sei alles in Ordnung gewesen, hielt der Trainer fest, „in dem, was die Mannschaft kann, hat sie nicht versagt“. Vor allem die Abwehr, so Stielike, „stand mit Ausnahme des Gegentors super, kämpferisch haben die Jungs alles gegeben“. Und darin, so unterschwellige Botschaft, unterscheidet sich die U 18 von der A-Nationalmannschaft.

Worin sie ihr sehr stark glich am gestrigen Vormittag, waren die technischen Unzulänglichkeiten und die Ideenlosigkeit in der Spielgestaltung. Holprige Ballannahme, Unfähigkeit zum schnellen Kurzpassspiel und stattdessen der weite Schlag als Notlösung – diese Schwächen führten zu schnellen Ballverlusten und in der Folge zu starkem Kräfteverschleiß. „Weil das Laufen ohne Ball mehr weh tut als das mit“, wie Stielike anmerkte.

Einmal schmerzte es besonders, weil die deutschen Spieler das Leder erst wieder erreichten, als es in ihrem Tor lag. Ein Antritt von Gerasymenko, ein perfekter Querpass in den Rücken der Vierer-Abwehrkette, geschlossene Unentschlossenheit zwischen Torhüter Tom Starke und seinen Abwehrspielern – Byelik musste nur noch einschieben.

Nicht nur in der 63. Minute behandelten die Jungs aus der Ukraine die Kugel weitaus geschickter als ihre Gegner, weshalb der aufmerksame Beobachter Volker Finke schon zur Halbzeit befürchtet hatte, „dass der Schuss nach hinten losgehen wird“. Der Trainer des SC Freiburg attestierte den Spielern aus der Ukraine „klare Vorteile am Ball“. Der verantwortliche Übungsleiter wollte da nicht widersprechen. Wenn man Uli Stielike glauben darf, gibt es viel zu tun in deutschen Landen. „Dass wir technische Defizite haben“, sagte der DFB-Trainer, „das haben wir gewusst. Heute waren sie entscheidend.“

Am Mittwoch geht es weiter für Stielike und seine U 18. In Heilbronn (11 Uhr) ist dann Holland der Gegner, das gestern Kroatien 3:0 besiegte. Da sollte möglichst nicht verloren werden, weil sonst sogar der sechste Platz und damit die Qualifikation für die U-20-WM in Argentinien gefährdet wäre. Und wenn die verpasst würde, dann wären Stielikes Burschen sogar den „Alten“ einen Fehltritt voraus.

RALF MITTMANN

Deutschland: Starke - Preuß, Zepek, Kling, Fickert - Stark, Teber, Mikolajczak (77. Jungnickel) - Lauth, Tiffert (67. Auer), Burkhardt (46. Gemiti)sichnichenko, Berezowchuk, Kondratowych - Lysytsky, Shershun, Bendowskyi (46. Stoyan) - Waleew (87. Monakhow), Byelik, Gerasymenko (83. Matweew)Zuschauer: 15.000 Tor: 0:1 Byelik (63.) Rote Karte: Lysytsky (90.)Außerdem spielten, Gruppe A: Holland - Kroatien 3:0, B: Finnland - Frankreich 2:1, Tschechien - Russland 1:1