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: Frisch gezapftes Strychnin

„Tatort – Trittbrettfahrer“

(So, 20.15 Uhr, ARD)

Bei Ratten im Kölschkessel, das ist verständlich, verstehen die rheinischen Frohnaturen gar keinen Spaß. Schon gar nicht der patriarchale Chef einer Brauerei, der auf seinen Plakaten nicht nur mit einer volksnah aufgepeppten Blondine, sondern auch mit dem Spruch „Tradition verpflichtet“ wirbt. Den Erpressungsversuchen an seiner Firma will er – ganz alte Schule – mit einem Gespräch unter Männern und einer einmaligen Zahlung der geforderten Summe begegnen.

Dass so viel Ehrenhaftigkeit und Naivität mit einem Höchstmaß an Niedertracht konterkariert werden muss, liegt auf der Hand. Und die ist vor allem in der eigenen, zerstrittenen Familie zu suchen: Der Sohn, der nach dem Tode des Vaters endlich frei über die Firma verfügen will, sucht die Nähe zu dem firmeneigenen Model Mona. Doch die liebt nur ihren hoch verschuldeten Bruder, den Erpresser der Firma.

Ruhig plätscherte er dahin, der „Tatort“, wenig überraschend, ohne nennenswertes Lokalkolorit, zusätzlich gebremst noch durch eine Kamera, deren gedehnte Aufnahmen zwar präzise, doch wenig akzentsetzend auf dem Geschehen verweilten. Schade auch, dass gerade Dietmar Bär bei frischem Kölsch und dem Anblick des „Kölner Monroe-Verschnitts“ leuchtende Augen bekommt. Zwar angenehm unempfänglich für derartige Schlüsselreize macht aber auch Kollege Behrendt keine überragende Figur. Hoch professionell im Job, tapst er bei der Wohnungssuche nach Feierabend dilettierend im wahren Leben umher. Vielleicht sollte er einfach im Hotel wohnen bleiben.

Erpresser leben gefährlich, und manchmal sterben sie. Die Strychnin-Vergiftung kommentiert der Gerichtsmediziner kurz und trocken: verkrümmte Wirbelsäule und Schaum vorm Mund, wir kennen das ja von Ratten. Falls einem der Appetit auf Kölsch vergangen sein sollte, bot die ARD jedenfalls eine amüsante Alternative: Dieser Tatort wurde Ihnen präsentiert von „Krombacher Pils“.

KIRSTEN KOHLHAW