„Eine Tragödie für Kinder“

Streit um Hundeverordnung geht weiter. Tierschützer: vermitteln statt töten  ■ Von Kai von Appen

Tierschützer machen weiter gegen die neue Hamburger Hundeverordnung Front. „Die Stadt ist übereilt und unüberlegt vorgegangen“, bekräftigte gestern der Chef des Hamburger Tierschutzvereins, Wolfgang Poggendorf, seine Kritik an der Verordnung, die nach dem tödlichen Kampfhund-Angriff von Wilhelmsburg vom Hamburger Senat verabschiedet worden ist. Poggendorf: „Ein dauerhaftes Einsperren von Kampfhunden ohne Auslauf oder eine Massentötung verstößt gegen das Tierschutzgesetz.“

Protest gibt es auch vom Deutschen Tierschutzbund (DTB). Der versucht derzeit mit einer Imagekampagne dem geschürten „Hundehass“ entgegenzuwirken. Dazu hatte der DTB gestern im Tierheim Süderstraße mit der Ehefrau von „Der Sturm“-Regisseur Wolfgang Petersen sogar Prominenz aufgefahren. „Viele Familien sehen sich gezwungen, ihre vollkommen harmlosen Hunde wegzugeben“, beklagte Maria Petersen. „Eine Tragödie für Kinder.“

Nach den Worten des DTB-Präsidenten Wolfgang Apel hätten die Politiker versagt, bundeseinheitliche Regelungen im Umgang mit den Kampfhunden zu trefffen. „Die Situation ist unhaltbar“, bemängelte Apel, „die Leute geben jetzt völlig normale Hunde in den Tierheimen ab.“

Poggendorf hat dem Hamburger Senat Unterstützung bei der Suche nach Alternativen für eine dauerhafte Unterbringung von Kampfhunden in den Zwingern der Tierversuchsanstalt an der Uniklinik Eppendorf angeboten. „Bürgermeister Ortwin Runde weiß, dass er sich strafbar macht, wenn er die Tötung gesunder und nicht verhaltensgestörter Hunde anordnet“, warnte Poggendorf. Die Behörden wüssten aber auch, „dass sie nicht einfach 1500 Hunde unterbringen können“. Vernünftiger sei es, die Tiere nach einer Wesensprüfung durch Fachleute an zuverlässige Halter zu vermitteln.

Unterdessen hat das Verwaltungsgericht Hamburg erstmals auf der Grundlage der neuen Hundeverordnung die Einziehung eines Pittbull-Terriers bestätigt. Das Gericht lehnte den Widerspruch einer Halterin gegen die Anordnung der Behörden ab. „Diese Entscheidung war aber auch schon nach der alten Hundeverordnung möglich“, relativierte Gerichtssprecherin Angelika Hussmann den Beschluss.

Denn bei dem Verfahren um den Pittbull-Bullterrier-Labrador-Mix „Rocky“ war es um Vorfälle gegangen, die bereits nach der alten Hundeverordnung geahndet werden sollten. „Rocky“ hatte im Juni 1999 und im Februar diesen Jahres zwei Menschen gebissen. Bei einer amtstierärztlichen Untersuchung stuften Mediziner im März den Hund als „gefährlich“ ein, weil er über einen „stark ausgeprägten Schutzinstinkt“ gegenüber seiner Halterin verfügt. Die Behörden ordneten daher „Maulkorb und Leinenzwang“ an. Als die Halterin mit „Rocky“ am 1. Juli auf der Straße erneut ohne Maulkorb angetroffen wurde, steckten die Behörden „Rocky“ vorerst in den Zwinger.