Düse im Schritt

Noise und Heavy Listening: Mike Patton mit seiner Band Fantomas im Columbia Fritz

Als vor gut einem Jahr die neue Band des Ex-Faith-No-More-Sängers Mike Patton mit dem schönen Namen Fantomas ihr gleichnamiges Debütalbum herausbrachte, dürfte es zu so manchem hässlichen Missverständnis gekommen sein. Für die treuen und traurigen Faith-No-More-Fans, die sich das Fantomas-Album in der Hoffnung zulegten, ein Follow-up ihrer Alternative-Rock-Lieblinge zu bekommen, schien dieses Album nämlich das falscheste überhaupt zu sein.

Kaputter Kunstrock, Hardcore, No Core, Free Jazz, Finsterrock, Lärmterrorismus: Der kunterbunt irrlichternden Bezeichnungen für die Musik von Fantomas gibt es viele, exakt treffen aber will keine von ihnen das, was Patton da mit seinen drei Bandkollegen Buzz Osborne (sonst Melvins) an der Gitarre, Trevor Dunn (sonst bei Mr. Bungle, Pattons anderer Band) am Bass und Dave Lombardo (einst Slayer) an Sounds und Thrills fabriziert.

So wenig Pattons neue Band mit Faith No More zu tun haben, so wenig haben sie übrigens auch mit den Melvins, Slayer und auch Mr. Bungle zu tun: Fantomas machen alles, was diese vier Bands niemals gemacht haben und auch nicht machen werden. Fantomas scheinen im Gegenteil deren Sounds in ihre kleinsten Bestandteile zu legen, um sie dann so schief, krumm und lärmig wie möglich wieder zusammenzusetzen. Und zwar nicht in Songs, sondern, wie Patton und Kollegen sich das ausgedacht haben, in Form von „Pages“, deren dreißig sich auf dem Fantomas-Debüt finden und dabei eine durchgehende Geschichte erzählen sollen.

Am beeindruckendsten auf den Fantomas-Seiten ist, was Patton alles aus seinem Stimmorgan rausholt und wie er dieses als viertes und eigentlich wichtigstes Instrument einsetzt. Er eiert, stampft, kreischt und jauchzt sich durch die Fantomas-Songs, dass es eine Wucht in tausend Tüten ist – in einem völlig anderen Leben und einer völlig anderen Welt muss es gewesen sein, als Patton eine Schmonzette wie „Easy“ schöner als die Commodores sang. GERRIT BARTELS

Heute ab 20.30 Uhr, Columbia Fritz, Columbiadamm 8–11