Freie Fahrt für Tempo-30-Zonen

Verkehrsministerium will die Straßenverkehrsordnung ändern: Ab 2001 soll es mehr Tempo-30-Zonen geben

BERLIN taz ■ In Zukunft soll es für die Kommunen einfacher sein, Tempo-30-Zonen einzurichten. Das steht in einem Entwurf des Verkehrsministeriums zur Änderung der Straßenverkehrsordnung, die Ende 2000 in Kraft treten soll. Damit werde „eine Zusage der Koalitionsvereinbarung“ eingelöst, so der Entwurf.

So soll der Satz „innerhalb geschlossenener Ortschaften ist abseits der Vorfahrtsstraßen mit der Anordnung von Tempo-30-Zeichen zu rechnen“ in die Straßenverkehrsordnung eingefügt werden. Damit könnte langsames Fahren zumindest in Wohngebieten Standard werden. Allerdings nennt der Entwurf mehrere Ausnahmen: Straßen mit Ampeln, Fahrstreifenbegrenzung, Leitlinien oder Radwegen.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat den Entwurf zum Anlass genommen, die Kampagne „Tempo 30 rettet Leben“ zu starten. Jeden Tag sterbe in Deutschland ein Kind im Straßenverkehr, sagte VCD-Sprecher Gert Lottsiepen gestern in Berlin. Allein im letzten Jahr seien 50.000 Kinder verunglückt. Weil drei Viertel der Unfälle sich in Ortschaften ereignen, fordert der VCD, das derzeitige Verhältnis von Tempo 50 und Tempo 30 Zonen umzukehren. „Ein Ortsschild sollte bedeuten, dass man dahinter Tempo 30 fährt“, so Lottsiepen. Tempo 50 dagegen müsste die Ausnahme bilden. Denn: „Die Erfahrung mit Tempo-30-Zonen hat gezeigt, dass die Zahl der Unfälle um 20 Prozent sinkt.“ Schwere Unfälle gebe es dann noch weniger: In Münster sank der Anteil der Schwerverletzten um 72 Prozent.

Den aktuellen Entwurf zur Änderung der Straßenverkehrsordnung bezeichnete Lottsiepen als „halbherzig“. Insbesondere kritisiert er, dass laut Entwurf in Tempo-30-Zonen keine Ampeln aufgestellt werden dürfen. „Zumindest vor Schulen und Kindergärten muss es Ausnahmen geben.“ Zu pauschal sei es auch, Kreisstraßen generell auszuschließen. Als positiv wertet der VCD hingegen, dass „bauliche Veränderungen“ wie Schwellen und Einengungen künftig „nicht mehr erwartet werden“. Denn damit entfällt das Argument der Kommunen, Tempo-30-Zonen seien teuer. kk