Siemens half der CDU

Zugeben wollte der Bundeskanzler a. D. bislang nicht, dass er von der Siemens-Hilfe an die CDU wusste. Die Beweise liegen beim Staatsanwalt

BERLIN taz/dpa ■ Helmut Kohl hat bei seiner ersten Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss zur CDU-Parteispendenaffäre offenbar gelogen. Auf die Frage nach einer Materialspende von Siemens/Nixdorf im Wert von mindestens einer Million Mark im Zusammenhang mit Verlustgeschäften der CDU-eigenen Dienstleistungs-, Computer- und Softwarefirma Disco-Soft hatte der Ex-CDU-Chef ausgesagt, er sei damit nicht befasst gewesen. „Mit dem alltäglichen Knatsch im Adenauer-Haus“ habe er sich nicht auseinandergesetzt. Nach Informationen des Magazins Stern geht aus Unterlagen der Staatsanwaltschaft aber klar hervor, dass sich Kohl intensiv um die Sache kümmerte.

Die Bonner Ermittler fanden ein Schreiben der damaligen Disco-Soft-Gesellschafter, in dem Kohl über die Misswirtschaft in der Firma informiert wurde. Darin heißt es, der Geschäftsführer Karl Schumacher habe gegen „vertragliche und gesetzliche Pflichten“ verstoßen. Kohl stufte den Brief der Gesellschafter handschriftlich als „streng vertraulich“ ein und leitete ihn an seinen Intimus Terlinden weiter, der später Abteilungsleiter im Adenauer-Haus wurde.

Kohl hatte 1987 seinen Vertrauten Schumacher aus der Parteizentrale zum Geschäftsführer von Disco-Soft ernannt. Nachdem binnen zwei Jahren ein Verlust von mehr als drei Millionen Mark auftrat, wurden der Generalbevollmächtigte der CDU-Schatzkanzlei, Lüthje, und CDU-Finanzberater Weyrauch beauftragt, den Schaden zu begrenzen.

Der Untersuchungsausschuss konfrontierte Kohl mit einem Schreiben Lüthjes von 1993, in dem dieser die damalige Schatzmeisterin Baumeister an die Millionenverluste bei Disco-Soft und die Hilfe von Siemens/Nixdorf bei der Beiseitigung des Millionendebakels erinnerte. Eine Kopie dieses Schreibens ging nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft an Kohl.

Ein drittes Mal wurde Kohl in einem „nur für den persönlichen Gebrauch“ deklarierten Sonderbericht über die desolate Lage bei Disco-Soft im Herbst 1989 informiert. Der CDU-Finanzverwalter Weyrauch erläuterte zusammen mit Lüthje dem Kanzler das Papier. „Entgeistert“ und „ganz still“, so erinnert sich Weyrauch, habe ihm Kohl zugehört.

Gestern bestätigte die Staatsanwaltschaft Bochum, dass sie gegen den Treuhänder Herbert Batliner wegen des Verdachts zu Beihilfe ermittelt. Batliner hatte nach eigenen Angaben 1982 für den früheren CDU-Finanzberater Horst Weyrauch und den ehemaligen Bevollmächtigten der CDU-Schatzmeisterei, Uwe Lüthje, in der Schweiz die „Norfolk“-Stiftung gegründet. Mit Hilfe dieser Stiftung wickelte die CDU in den 80er Jahren ihre Finanztransaktionen ab.

TINA STADLMAYER