Neue Medien, neue Gesetze

■ Die SPD erarbeitet ein Gesetz, um festzulegen, was bei der Privatisierung von bremen.de nicht unter die Räder kommen darf

Das Stadtinformationssystem im Internet, bremen.de, soll privatisiert werden: Zuerst sollen 49,9 Prozent verkauft werden, innerhalb von drei Jahren will Bremen seine Anteile auf 25,1 Prozent senken. Über die Zukunft von bremen.de sprach die tazmit dem medienpolitischen Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Frank Schildt.

taz: Wie wollen Sie sichern, dass bremen.de ein Netz für die Bürger bleibt und nicht nur unter kommerziellen Gesichtspunkten verkauft wird?

Frank Schildt, medienpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion: Wir brauchen ein Gesetz, das auf das aufbaut, was wir unter dem Stichwort Informationsfreiheits-Gesetz vorhaben: Darin soll das Informationsecht der Bürger gegenüber der Verwaltung beschrieben werden. Es stünde Bremen gut an, beide Ansätze miteinander zu verknüpfen: Die Informationsfreiheit muss genauso definiert werden, wie die Informationstätigkeit der Stadtgemeinde im Internet.

Bei einer Privatisierung von bremen.de in Teilen oder als Ganzes scheint es uns sinnvoll, bestimmte Dinge festzulegen: Etwa die kos-tenfreie Nutzung des Internet-Dienstes oder ein diskriminierungs-freier Zutritt für alle. Am besten wäre, wenn wir in einem Gesetz festlegen, wie wir die Informationen, die dem Staat gehören, und die die privaten Betreiber dann nutzbar machen, über ein Portal der Stadtgemeinde Bremen sicherstellen können.

Was kann man sich darunter vorstellen? Derzeit kann bei bremen.de gechattet werden, es gibt einen Bereich für Kleinanzeigen, Pressemitteilungen des Senats und vieles mehr.

Der Zugang zu den öffenlichen Informationen muss grundsätzlich weiter kostenfrei angeboten werden. Nehmen sie die Pressemitteilungen, eine Mitteilung im Baurecht oder Ähnliches. Niemand darf sagen können: Der Bürger, der bremen.de besucht, muss für bestimmte Seiten zahlen, auf denen öffentliche Informationen bereitgestellt werden. Außerdem muss jede Institution ein Anrecht darauf haben, sich bei bremen.de über einen KArteikarteneintrag selbst darstellen zu können.

Dass private Anbieter im Internet kein Monopol auf staatliche Informationen haben dürfen, ist doch schon lange klar – spätestens nachdem ein Verlag in genau dieser Sache gegen berlin.de vor Gericht zog. Zudem hat die Bremen Online Service ein – immer noch geheimes – Gutachten zum Thema erstellen lassen, in dem Bremen sicher vor Privatisierung der öffentlichen Inhalte gewarnt wurde?

Soweit mir bekannt ist, gibt es kein Geheimgutachten der BOS, sondern ein durch die damalige Personalverwaltung SKP in Auftrag gegebenes Gutachten zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und der Vergabe der Nutzungsrechte an Private. Nach der Verabschiedung des Informations-Gesetzes stellte sich allerdings diese Frage nicht mehr.

Was bedeutet die Privatisierung von bremen.de für die Einführung der digitalen Signatur in Bremen?

Beauftragt mit der Einführung der digitalen Signatur ist in Bremen die Firma „Bremen Online Services“ (BOS). Es macht natürlich Sinn, die bestehenden Strukturen und auch den hohen Bekanntheitsgrad von bremen.de zu nutzen, um in Zukunft Wohnungsum. und Anmeldungen, Hochzeitsvorbereitungen oder andere Behördengänge über das Internet mit der digitalen Signatur abzuwickeln. Eine Weiterentwicklung würde auch bedeuten, dass die vorhandenen Angebote allesamt unter bremen.de gebündelt werden. Es wäre aberwitzig, wenn die digitale Signatur eingeführt wird, und dann andere Anbieter genau das Gleiche machen. Schon jetzt könnte man Angebote besser bündeln: Es ist zum Beispiel nicht einsichtig, warum die Bremer Touristik Zentrale ihr eigenes Angebot im Internet macht.

Was muss denn auch bei privater Beteiligung auf jeden Fall erhalten bleiben?

Bei bremen.de dürfen nicht in erster Linie der Kommerz und die Bannerwerbung im Vordergrund stehen. Viel wichtiger ist, dass das Stadtinformationssystem seinem Namen gerecht wird: Informationen für Bürger und für Touristen müssen ebenso Teil des Systems sein, wie die Möglichkeit, Verwaltungshandlungen im Internet abzuwickeln. Gleichzeitig wäre es natürlich zu begrüßen, wenn bremen.de auch zu einer E-commerce-Plattform ausgebaut wird.

Wenn Sie das alles per Gesetz regeln wollen, macht das den Einstieg bei bremen.de nicht unattraktiv für private Geldgeber?

Das glaube ich nicht. Wir wollen ja nicht alles regeln, aber warum soll die Stadtgemeinde nicht festlegen, was die Mindestanforderungen an ein Stadtinformationssystem sind? Bei Privatisierungen von anderen Stadtinformationssystemen wurde später kritisiert, der Kommerz habe Vorrang vor dem Bürger bekommen. Das wollen wir hier verhindern.

Fragen: Christoph Dowe