George Robertson warnt vor einer Teilung des Kosovo

Bei seinem Besuch im Kosovo appelliert der Nato-Generalsekretär an Serben und Albaner, die Gewalt zu beenden. Serben halten an Boykott der Kommunalwahlen fest

BERLIN taz ■ Die Idylle blumenschwenkender und lachender kleiner Kosovo-Albanerinnen trog und der Anlass des Besuches von Nato-Generalsekretär George Robertson im Kosovo war beileibe kein angenehmer. Und so musste Robertson wieder einmal scharfes Geschütz auffahren, diesmal allerdings verbaler Natur. „Unterschätzen Sie nicht unsere Entschlossenheit. Wir werden hier eine multiethnische Gesellschaft schützen und wenn nötig auch sicherstellen, das individuelle Gruppen in ihren Häusern und Siedlungen geschützt werden“, sagte Robertson an die Adresse der Albaner gerichtet am Dienstag in Priština. Man werde nicht zulassen, dass die serbische Gemeinschaft aus dem Kosovo in die Arme des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević getrieben werde.

Doch wie die internationale Gemeinschaft die multiethnische Gesellschaft schützen will, deren Existenz derzeit eher eine Vision ist, denn der Realität entspricht, bleibt ein Rätsel. In der Nacht zuvor war es erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Serben und französischen KFOR-Soldaten vor der UN-Polizeistation in Mitrovica gekommen. Dabei wurden ein Dutzend Menschen verletzt. Die aufgebrachte Menge protestierte gegen die Festnahme ihres Landsmannes Dalibor Vuković, der Autos von Albanern angezündet haben soll. Obwohl Dalibor wenig später wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, kündigten die Serben an, auch weiterhin Stätten von UNO und Nato anzugreifen.

Vorsorglich malte Robertson schon einmal das Szenario einer Teilung des Kosovos an die Wand, sollte die Gewalt zwischen Serben und Albanern weiter andauern. Das hätten sich die Albaner dann aber selbst zuzuschreiben. Auch für die Serben hatte er noch einen guten Rat im Gepäck: Sie sollten diejenigen identifizieren, die sich an den Grausamkeiten gegen die Kosovo-Albaner beteiligt hätten und die entsprechenden Informationen an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag übermitteln.

Unterdessen gab die Demokratische Partei des Kosovo unter Führung von Hashim Thaci ihre Blockade auf. Ende Juni hatte die Gruppierung aus Protest gegen eine Vereinbarung des Chefs der UN-Mission (Unmik), Bernard Kouchner, mit Vertretern der Kosovo-Serben ihre Mitarbeit im Interimsverwaltungsrat eingestellt. Besonders erbost hatte die Albaner das Vorhaben, in den serbischen Gebieten besondere Schutztruppen und eigene Büros für die Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistungen einzurichten. Die UN begrüßte die Entscheidung Thacis, seine Verweigerungshaltung aufzugeben. „Jetzt kann die Arbeit wieder aufgenommen werden, wir können uns den wirklichen Problemen widmen und die Wahlen in Angriff nehmen“, sagte UN-Sprecherin Nadia Younes.

Eine Teilnahme an den Kommunalwahlen, die für Oktober geplant sind, ist zumindest für die Serben noch längst nicht beschlossene Sache. Mit Ausnahme der Bewohner der Stadt Leposavic wollen sie die Wahlen boykottieren. Die Begründung ihrer Vertreter: Die Menschenrechte für die Minderheit, wie zum Beispiel die Bewegungsfreiheit, seien im Kosovo nicht garantiert. Gestern lief die Frist für die Wählerregistrierung ab, die am vergangenen Sonntag noch einmal verlängert worden war.

BARBARA OERTEL