Sparkassen bald vor Gericht

EU-Kommissar Mario Monti kündigt „rechtliche Schritte“ an. Bund und Länder hatten kein Angebot zu einer Entstaatlichung der öffentlichen Banken gemacht

BERLIN taz ■ Die einen fürchten das Ende der guten alten Sparkasse. Die anderen wollen diesem Symbol staatlicher Intervention in die Wirtschaft den Garaus machen. Und beide sind zu Kompromissen nicht bereit.

So ist der Gesprächsfaden zwischen den Bundesländern und der Bundesregierung einerseits sowie der Europäischen Kommission erst einmal abgerissen. Die Länder, unter anderem Bayern, lehnen das Brüsseler Ansinnen einer Entstaatlichung der Sparkassen rundweg ab. Das hat Caio Koch-Weser, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti am vergangenen Montag denn auch mitgeteilt. Gestern kam die Replik der EU-Bürokratie: Monti kündigte „rechtliche Schritte“ gegen die Bundesregierung an, was wohl auf eine Klage beim Europäischen Gerichtshof hinausläuft.

Ins Rollen gekommen ist die Angelegenheit durch eine Beschwerde des Europäischen Verbandes der Privatbanken. Die Konzerne wie Deutsche und Dresdner Bank fühlen sich benachteiligt, weil die Länder und Kommunen für die eventuellen Verluste ihrer Landesbanken und Stadtsparkassen haften. Deshalb können die öffentlichen Institute quasi nicht Pleite gehen, bekommen bessere Kreditkonditionen auf dem Finanzmarkt und haben teilweise niedrigere Kosten als die Privatinstitute. Die EU-Kommission folgt diesen Bedenken und betrachtet die öffentlichen Garantien als unerlaubte Beihilfe.

Die öffentlichen Banken rechtfertigen ihre Vorteile damit, dass sie auch öffentliche Aufgaben übernähmen: Finanzierung staatlich gewünschter Infrastruktur, Mittelstandsförderung und die Garantie eines Bankkontos für jeden – egal, wie arm er auch ist. Dass sich die Länder so für ihre Staatsbanken ins Zeug legen, hat aber auch einen profanen Grund: Sie sind Machtinstrumente, mit denen die jeweilige Regierung ihre Politik unterstützen kann.

Die Bayerische Landesregierung ist überzeugt, mit dem Argument, Landesbanken und Sparkassen erfüllten öffentliche Aufgaben, vor dem Europäischen Gerichtshof zu obsiegen. „Wir sind auf der sicheren Seite“, sagte gestern ein Sprecher. Deshalb hat Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber einen Kompromissvorschlag am Montag vom Tisch gewischt. Unter anderem Niedersachsen hatte vorgeschlagen, die Landesbanken aufzuteilen – in einen privatwirtschaftlich und einen staatlich arbeitenden Bereich.

Für den Fall, dass der Europäische Gerichtshof die Position der Kommission stärkt, hält Bayern schon eine Drohung bereit: Dann wolle man die EU-Reform im Bundesrat blockieren. Das deutsche Grundgesetz räumt den Ländern ein Mitbestimmungsrecht ein, wenn die EU-Gesetze geändert werden sollen.

HANNES KOCH