Verliebt, verlobt, verboten

CDU-Fraktionsvize Bosbach hält die „Homo-Ehe“ für indiskutabel – trotz Zustimmung auch aus dem eigenen Lager. Der Grüne Beck will CDUler notfalls einzeln überzeugen

BERLIN taz ■ „Mitten im Leben“ wollte sich die Union mit ihrem Programm präsentieren. Doch von den gesellschaftlichen Realitäten ist die Partei meilenweit entfernt. Das Papier zur rechtlichen Besserstellung von homosexuellen Paaren, das der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Wolfgang Bosbach, am Dienstag vorlegte, schreibt alte Frontlinien fest. Kein Standesamt, kein Sorgerecht, keine Steuervergünstigungen. Eine Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnern lehnt Bosbach schlicht ab.

Zu kurz gesprungen, findet der Grünen-Abgeordnete Volker Beck. Die CDU wolle Homo-Paare wohl zu ewigen Verlobten machen. Gesprächsbereit ist die Union nur in den Bereichen, in denen sie ohnehin keine Verhandlungsmasse hat: beim Mietrecht, beim Besuch von Angehörigen in Strafvollzugsanstalten oder beim Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht. Die Zustimmung der Union braucht Rot-Grün hier nicht. Beim Adoptions- oder Steuerrecht blockt die CDU dagegen ab. Ein eheähnliches Institut sei „indiskutabel“.

Dabei begrüßen 65 Prozent der Bevölkerung eine rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare. „Da wird der Druck auf die Union wachsen“, ist Beck sicher. Doch mit dem Spagat zwischen gesellschaftlichen Realitäten und konservativen Positionen tut sich die Union schwer. Halte Rot-Grün an seinem Vorhaben fest, droht sie, „dürfte ein Verfassungskonflikt unvermeidbar sein“. Will heißen: Sollte der Gesetzentwurf den Bundesrat passieren, will die Union das Bundesverfassungsgericht anrufen. „Davor habe ich keine Angst“, entgegnet Beck. Schließlich hätten die Bundesrichter schon 1993 die Frage aufgeworfen, ob die jetztige Gesetzeslage mit den Grundrechten vereinbar sei.

Selbst Innenminister Schily halte das Gesetz für verfassungswidrig, sagt Martin Herdieckerhoff, Bundesvorsitzender der „Lesben und Schwulen in der Union“ (LSU). „Eine solche Steilvorlage kriegt man als Opposition selten.“ Wirklich freuen kann er sich aber nicht. Die LSU fordern seit langem, die Ehe für homosexuelle Partnerschaften zu öffnen. Unmittelbar vor der ersten Lesung des Gesetzentwurfs hatten sie die Union aufgerufen, sich konstruktiv am Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen. Doch in dem Bosbach-Papier heißt es nun lediglich: Bei einzelnen gesetzlichen Regelungen „könnte“ Rechtssicherheit geschaffen werden. „Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Union klar sagt, da machen wir mit“, betont Herdieckerhoff.

Grünen-Politiker Beck gibt die Reform dennoch nicht verloren. In Gesprächen mit Ländervertretern und Unionspolitikern will er eine Lösung suchen – das Modell Steuerreform lässt grüßen.

NICOLE MASCHLER