Keine Ahnung von Zwangsarbeit

■ Bei Bremens Katholiken und Protestanten beginnt die Suche, ob und wo Zwangsarbeiter beschäftigt wurden, offenbar erst jetzt

Wie viele von über 50.000 ZwangsarbeiterInnen während der NS-Zeit für Kirchen in Bremen schuften mussten ist bis heute nicht genau bekannt. Anders als bei städtischen Einrichtungen, die den Einsatz von ZwangsarbeiterInnen gründlich dokumentiert haben, sind Hinweise auf solche Arbeit bei den beiden großen Kirchen offenbar noch nicht ausgewertet.

So ist dem Sprecher der bremischen Katholiken, Wilhelm Tacke, von Zwangsarbeit für seine Kirche zwar nichts bekannt. Aber ebenso wenig von einer Prüfung der Archive. Eine mögliche Zeitzeugin sei wegen Urlaubs nicht erreichbar; Tackes vorläufig einziger Fund zum Thema „entlastet“ die Bremer Katholiken. In einer Veröffentlichung des Donat Verlags wird an Gottesdienste in St. Joseph erinnert, bei denen der Pfarrer anwesende Verschleppte auf Französisch begrüßte.

Die Historikerin Eva Determann vom Verein Wa-lerjan Wrobel, der im Namen des von den Bremer Nazis zum Tode verurteilten polnischen Jungen immer wieder Stellung bezieht, sagt: „Die Kirchen unterhielten, anders als die Industriebetriebe, keine Lager.“ Dies erschwere die Recherche, schließe aber den Einsatz von ZwangsarbeiterInnen im kirchlichen Auftrag nicht aus. Es sei denkbar, dass Personen, die der Baubehörde unterstanden, auch auf kirchlichen Friedhöfen arbeiten mussten. „Hinweise müssten sich in kirchlichen Archiven finden.“

Auch bei der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) herrrscht Unsicherheit. Zwar hatte der „Arbeitskreis kritischer Christen“ in der Neustädter Zionsgemeinde schon vor über 15 Jahren Zwangsarbeit als „verdrängtes Kapitel“ aufgegriffen. Immer wieder mahnte die Gruppe Entschädigungszahlungen an – und forderte die eigene Kirche zum Handeln auf. „Die Kirchensteuer, die wir in den Jahren 1937 bis 1945 eingenommen haben, stinkt zum Himmel“, sagte Pas-tor Sanders 1986. Darauf deute die Verdopplung der Kirchensteuereinnahmen in den Kriegsjahren hin. Die Kirche habe an Zwangsarbeit mitverdient und die Seelsorge an den Verschleppten vernachlässigt. Zugleich dokumentieren Zeitungsberichte aber, dass die Kirchenleitung die Arbeit der Gruppe behinderte. Ihr wurde die Einsicht in Kirchenakten „aus Datenschutzgründen“ verweigert.

Unterdessen hat der Leiter des Diakonischen Werkes in Bremen vor Monaten eine Befragung zum Thema gestartet. Noch gebe es keine deutlichen Hinweise auf den Einsatz von Zwangsarbeitern, sagte er jetzt gegenüber der taz. Doch sei die Erhebung noch nicht abgeschlossen.

Auf Bundesebene weigert sich die katholische Kirche bislang, sich an Entschädigungszahlungen in den Bundes-Fonds zu beteiligen. Die evangelische Kirche Deutschlands hat unterdessen den symbolischen Betrag von insgesamt zehn Millionen Mark zugesagt. Für die Landeskirchen bedeute dies aber keine aktuelle Mehrbelastung, so die Sprecherin der BEK. Das Geld stamme aus Mitteln der EKD.

ede