Genug Geld für Cocktails

Quereinstieg oder Aus- und Fortbildung: Wie werde ich endlich Teil der neuen Multimediaelite?

von RON HILLMANN

„After Work Party“ in Berlin-Mitte. Feierabend. Klassische Businesskleidung und Klamotten mit futuristischen Labeln mischen sich. Meine Tischnachbarin verrät mir die Herkunft der Gäste. Sie arbeiten überwiegend in den umliegenden Werbeagenturen, Internet- und Filmproduktionsfirmen. Jetzt genießen sie den Abend nach fast 10 Stunden Arbeitstag. Auffällig zucken einige permanent mit den Wimpern. Natürlich! Das ist die Generation dot.com. Hier wimmelt es von multimedialem Geist. Zeitung, Film, Fernsehen und Internet. Alle Medien sind vertreten und wahnsinnig viel Kreativität. Neben den teuer erstandenen Klamotten bemerke ich auch, dass diese Medienvertreter überdurchschnittliche Gastronomiepreise locker ertragen.

Ich frage meine Tischnachbarin Marietta, ob sie einen Beruf in der Multimediabranche ausübt? „Natürlich, doch ein genaues Profil für diesen Job gibt es nicht.“ Sie selbst managt bei der Internetshopping-Firma Idealo.com das Online-Marketing. Ihr Spanisch-Studium ist nicht Bedingung gewesen, um den Job zu bekommen. Nach zehn Jahren Auslandsaufenthalt wollte sie sich auf der Messe „Internetworld“ informieren, welche neuen Berufsbilder die Branche besitzt.

„Ihre interessanten Fragen und ihr internationales Kulturverständnis beeindruckten mich. Was Marietta in den ersten Tagen an Fachwissen fehlte, erschloss sie sich durch die tägliche Agenturarbeit“, so ihr Chef Martin Sinner über die Quereinsteigerin. „Bei Idealo.com hat eigentlich keiner eine typische Multimediaausbildung. Unser Grafiker und Webdesigner ist studierter Architekt, der Webmaster kommt aus der Mail-Box-Szene, die beiden HTML-Entwickler waren einst Studenten an der FHTW“, sagt Sinner. Und die Redaktionsabteilung leitet jetzt ein ehemaliger Praktikant. Sie verdanken ihre Positionen den eigenen Fähigkeiten und Talenten.“

Learning by doing? Sind Quereinsteiger wirklich die kommenden Aufsteiger? Jens Thiel bestätigt den Trend. Er organisiert den „First Tuesday“ der Internet-Szene. „Auf den monatlichen Treffen werden neben SAE-Absolventen auch teure Talente rekrutiert, die sich ihr Know-how durch Praktika und private Projekte angeeignet haben. In ihrer Freizeit entwickeln sie häufig anspruchsvolle Seiten, die weit über dem hauptstädtischen Ausbildungsniveau liegen. Eine lange theoretische Ausbildung würde sie nur in ihrer Entwicklung hindern“, sagt Thiel.

Unter der Rufnummer des Arbeitsamtes frage ich aber dennoch nach Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Die Dame am Telefon verweist auf die Adresse der Datenbank des Arbeitsamtes: www.arbeitsamt.de. Also fülle ich die Eingabemaske aus. HTML, Java, Cgi, 3D-Studio Max, Webdesigner, Multimedia, Content, oder Online-Redakteur bringen keine Treffer. Fehlanzeige! Doch da kommt Hilfe aus dem Bekanntenkreis. Carsten Gumprecht, selbst Quereinsteiger bei Zucker-Kommunikation, kennt das Problem. Er empfiehlt, die Seite seines Kunden Berlin.de und die der IHK zu besuchen. Tatsächlich! Ich habe Erfolg.

Unter www.berlin.de finde ich die Berliner Weiterbildungsdatenbank. Ich versuche es wieder mit Webdesign. Treffer! Auch mit Online-Redakteur, Mediendesigner oder Medienassistent erhalte ich umfangreiche Angebote an Aus- und Weiterbildungsstätten. Wer vom Arbeitsamt als förderungswürdig eingestuft wird, kann sich beispielsweise für den Web- oder Kommunikationsdesigner an der „Mediadesign Akademie“ eintragen. Am SAE Technology College wird sogar ein Bachelor of multimedia arts (honours) vergeben. Die Ausbildung wird nicht gefördert und kostet für zwei Jahre runde 27.000 Mark an Studiengebühren. Schulabgänger haben es da fast leichter in ihrer Berufswahl. Wer eine Lehrstelle sucht, ist unter www.ihk.de an der richtigen Adresse. Media-, Werbe-, Kommunikations- und Marketingagenturen mit klangvollen Namen bieten dort attraktive Lehrstellen an. Doch ohne Vorkenntnisse wiederum, sind hier die Chancen eher schlecht: Praktika schaffen einen Vorsprung.

Unter www.berlinstartup.de befindet sich eine Liste von Berliner Internetfirmen. Bei Yellout.de, Datango.de, MeOme.de oder Idealo.de findet man derzeit wirklich interessante Plätze.