DIE GRÜNEN AN DER SAAR HABEN GRÜNE KONKURRENZ BEKOMMEN
: Verzweifelte Selbsthilfe

Ab heute hat das Saarland einen neuen politischen Verein: die Grün-Alternative Liste (GAL). Gegründet von enttäuschten ehemaligen Mitgliedern der Bündnisgrünen an der Saar. Dass damit die Grünen im äußersten Westen plötzlich Konkurrenz bekommen haben, ist nicht zuletzt dem Bundesvorstand der Partei anzulasten. Denn trotz diverser Bitten um Intervention hat man sich nicht um den maroden Landesverband gekümmert.

Untätig schaute man erst von Bonn und dann von Berlin aus zu, wie die beiden Strippenzieher der Partei – Hubert Ulrich und Andreas Pollak – die Bündnisgrünen an der Saar mit ihrer ganzen Verwandtschaft und Bekanntschaft zunächst schlicht okkupierten und dann zu einem Familienbetrieb umfunktionierten. Zahllose grüne Mitglieder wurden vergrault. Allein in letzter Zeit verließen mehr als 600 Grüne die Partei.

Ungerührt blieb der Bundesvorstand auch, als die beiden als grüne Landtagsabgeordnete öffentlich auffielen, weil der eine (Ulrich) mit Kraftfahrzeugen dealte – hart an der Legalität vorbei – und der andere (Pollak) bei dem Versuch erwischt wurde, Badematten zu klauen. Katastrophale Ergebnisse bei den Kommunal- und Landtagswahlen 1999 waren das Ergebnis.

Die GAL ist die Quittung für die irrige Annahme der Parteispitze der Bündnisgrünen, dass etwa Hubert Ulrich ein Realo sei; und deshalb ein (an-)genehmer Verhandlungspartner. Ulrich ist aber vor allem ein gekonnter Intrigant: Die ihm treu ergebenen Delegierten auf den grünen Parteitagen an der Saar stützten sich auf Mitgliederkontingente in diversen Ortsvereinen, die viel zu hoch angesetzt waren. Die innerparteiliche Opposition beantragte immer wieder Überprüfungen. Umsonst. Sie wurden nie durchgeführt. Die gefälschten Mitgliederlisten bleiben unangetastet.

Nun sind die Grünen eine Partei, deren Kreis- und Landesverbände eine starke Autonomie besitzen. Doch sollte sich der Bundesvorstand nicht darauf zurückziehen. Die saarländischen Grünen haben immer wieder um Hilfe gebeten, und Bundesgeschäftsführer Bütikofer war informiert. Auf einer Landesmitgliederversammlung konnte er vor Ort miterleben, wie Ulrich seiner herbeigekarrten Verwandtschaft genau erläuterte, wie sie abzustimmen hätten.

Die Bündnisgrünen werden im Saarland auf absehbare Zeit erfolglos bleiben. Ob bei Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahlen. Es sind nämlich nicht – wie von Ulrich behauptet – die Fundamentalisten, die heute in Scharen die Partei verlassen, sondern die Vernunftbegabten und Politikfähigen. Deren Abgang ist tödlich: für Bündnis 90/Die Grünen. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT