Nicht ohne meine Wasserpfeife

■ Behjat Moaali ist die Erste, die nach dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht Deutsche geworden ist. Das macht sie zum beliebten Talkgast. Nun war sie „SommerGast“ bei Radio Bremen 2

Behjat Moaali ist Deutsche. Doch wenn sie von ihrem Leben erzählt, spielt Deutschland kaum eine Rolle. In der Schauburg, wo Moaali bei der Radio-Bremen-2-Sendung „Zettbeh“ als „SommerGast“ zu hören und zu sehen war, wurde sie vom Moderator Stefan Pulß vor allem über ihre Erfahrungen im Iran befragt. Denn bis zum 3. Januar 2000, als Moaali als Erste nach dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht eingebürgert wurde, war sie in erster Linie eine aus Aserbeidschan stammende Anwältin, die Mitte der 80er Jahre vor dem Teheraner Mullahregime fliehen musste und seither in Kiel als anerkannte Asylbewerberin lebte.

Nun ist Moaali Besitzerin eines deutschen Passes, die sich nichtsdestotrotz mit Fragen rumplagen muss wie jener, ob in ihren Augen Betty Mahmoodys Bestseller „Nicht ohne meine Tochter“ das Leben im Iran authentisch beschreibe. Unentrinnbares Schicksal einer „Deutschen iranischer Abstammung“, wie es etwa in Polizeimeldungen immer dann heißt, wenn es darum geht, die wahren von den falschen Deutschen subtil zu trennen.

Immerhin: Es gibt weitaus schlimmere Schicksale als dieses. Die Menschenrechtlerin Behjat Moaali wusste von einigen zu erzählen. Sie berichtete von Frauen, die im Iran bis heute wegen Ehebruchs gesteinigt werden. Und sie berichtete von Männern, die Frauen ermorden und denen dafür nicht die gleiche Strafe zuteil wird wie für die Ermordung eines Mannes. Denn im islamischen Recht „Sharia“ gilt die Frau nur ein halber Mensch, so dass eine tote Frau juristisch schlicht kein ganzes Mordopfer ist.

Die Mutter zweier Söhne und Tochter eines wohlhabenden Fabrikbesitzers hat im Iran bis zu ihrer erzwungenen Flucht viele Frauen verteidigt, die nach der Sharia angeklagt waren. Und nach diversen Stationen als Krankenschwester, Tagesmutter und Sprachlehrerin ist inzwischen auch ihr berufliches Leben in Deutschland bestimmt vom Engagement für Opfer staatlicher Repression. Für die Organisation „Refugio“ betreut sie in Kiel Flüchtlinge, die gefoltert wurden.

Warum sie sich trotz ihrer starken Verbundenheit zum Iran dennoch so schnell dazu entschlossen hat, Deutsche zu werden, blieb in der Schauburg leider weitgehend unbeantwortet. „Ich habe mich nicht als ganzer Mensch gefühlt“, begründete die ausgebildete Juristin, die ihre Wohnung mit Wasserpfeifen und Perserteppichen dekoriert, ihren Schritt, der sich vor allem auf die Gleichbehandlung vor dem Recht bezog.

Doch dass Moaali sich während des zweistündigen Gesprächs ganz selbstverständlich als „Ausländerin“ bezeichnete und von „zu Hause“ sprach, wenn sie den Iran meinte, deutete an, wie vielschichtig letztlich die Frage nach der Identität unabhängig von den Ausweispapieren ist. Über die Iranerin Behjat Moaali weiß man nun vieles. Über die Deutsche Behjat Moaali hingegen nach wie vor wenig. Schade. zott

Der nächste „SommerGast“ist am 29. Juli von 9-12 Uhr live im Foyer der Schauburg die Brüsseler ARD-Korrespondentin Tina Hassel (RB 2, Ukw 88,3)