Gastkommentar
: Stadtentwicklung: Oben hui unten pfui

■ Dieter Mützelburg von den Grünen zur Debatte um das Siemens-Hochhaus

Für 19 Millionen Mark kauft Bremen einem Weltkonzern das marode Siemenshaus ab. Die 13 Etagen zu sanieren ist zu teuer. Also wird das Ganze an den allgegenwärtigen Baulöwen Z. zum gleichen Preis verkauft, mit der Zusage, acht Stockwerke drauf zu setzen und das Ganze mit Behörden zu füllen. Die Miete zahlen die Steuerzahler.

Halb Bremen schwärmt schon von dem „architektonischen Signal“, und dem Ausblick über die City. Doch am Fuße des Hochhauses bleibt die Stadt wie bisher, öde Würfel, schreckliche Fassaden, dunkle Durchgänge. Reste des Wirtschaftswunders der 50er Jahre.

Genau in diese Zeit fällt die Stadtplanung zurück, nein eigentlich ist sie schon abgeschafft. Im Bauressort zucken die Fachleute nur resigniert die Schultern, während „Investoren“ und der volkseigene Betrieb BIG entscheiden, was wer wo bauen darf. Dabei versucht jeder Politiker sich ein Denkmal zu setzen.

Bremen braucht keine Highlights in 100 Metern Höhe, sondern eine Stadtsanierung, die auch aus der Fußgängerperspektive attraktiv ist, und nicht nur vom Helikopter aus. Eine Sanierung, die für die nächsten Jahrzehnte das Leitbild der lebendigen europäischen Stadt mit belebten Straßen, interessanten Bauwerken und Angeboten für alle, wirklich alle Stadtbewohner und ihre Besucher bietet.

Neben dem Viertel an der Faulenstraße ist das Bahnhofsviertel das sanierungsbedürftigs-te Gebiet der Innenstadt. Hier gibt es für Abrissbirnen viel zu tun. Weg mit der Hochstraße und den scheußlichen Parkhäusern, weg mit dem Siemenshochhaus, damit die Visitenkarte der Stadt, das Eingangstor vom Bahnhof in die City wieder zu einer attraktiven Stadtstraße wird. Ohne Hochstraße hätten auch die Büro- und Geschäftsstandorte rund um den Bahnhof wieder einen höheren wirtschaftlichen Wert. Wer fürchtet, dass die Gegend trotz der Autobahn A 281 im Durchgangsverkehr ersti-cken würde, der kann den Verkehr dann besser unter der Erde vom Remberting zum Bundeswehrhochhaus leiten. In einem attraktiven Bahnhofsviertel ist auch Platz für ein Multimedia-Zentrum im Postamt 5.

Und ohne Hochstraße kann endlich der Rembertikreisel verschwinden. Damit würde Richtung Ostertor viel Platz für Bremer Häuser des 21. Jahrhunderts gewonnen und Richtung Bahnhof für Büro- und für Geschäftshäuser.

Ein solcher Sanierungsplan schreit nach Stadtplanern, schreit nach Öffentlichkeit und Bürgereinmischung und nach Politikern, die sich wie in Hamburg oder München darauf verständigen, dass zwei oder drei Kilometer rund um den Dom Gebäude nicht höher als 25 Meter sein dürfen.

Aber wer traut sich, in Bremen eine Stadtbaudirektorin von Ruf und mit Akzeptanz einzusetzen, die eine solche Sanierungsdebatte organisiert und umsetzt? Spätestens dann, wenn wir BremerInnen uns wieder in die Stadtplanung einmischen, Motto: lieber Musicon und Medienquartier als Hochhaus mit Hochstraße.

Dieter Mützelburg