nebensachen aus madrid
: Mit „moto-caca“ und Straßentheater gegen Tretminen

Der liebe Vierbeiner

Jetzt sind die Spanier doch noch auf den Hund gekommen. Bis vor wenigen Jahren gehörten die struppigen Vierbeiner aufs Land. In der Stadt waren sie kaum anzutreffen. Das hat sich geändert. Der wirtschaftliche Aufschwung der letzten beiden Jahrzehnte hat den Geldbeutel der Spanier gefüllt. Fresswelle, Kleider, Wohnung, Reisen – Nachkriegszeit im Zeitraffer. Doch wer alles hat, ist immer noch nicht zufrieden.

Also muss ein Kind her – und das, obwohl die meisten Paare schon verdächtig auf die vierzig zugehen. Und danach für den/die Kleine/n einen Spielgefährten. Der Wunsch nach dem Hund ist geboren.

Ein kleiner chucho – eine Promenadenmischung – sollte es nicht sein. Was würden da die Nachbarn denken? Ein Rassehund muss her – je größer, desto besser. Huskys und andere nordische Exemplare liegen ganz mit vorn auf der Wunschliste. Dass für sie der heiße Sommer eine Qual ist, stört nicht.

Doch nicht nur weil es unter der Hitze leidet, wird das lebendige Weihnachtsgeschenk im Sommer für so manchen zum Problem. Die spanische Tourismusbranche hat sich noch nicht auf den Hundesegen eingestellt. Nur 20 Prozent der Hotels lassen vierbeinige Gäste zu – gegen einen ordentlichen Aufpreis. U-Bahn, Busse und Züge sind – außer für Blindenhunde – ganz tabu. Bleiben nur zwei Lösungen: Eine Hundepension, oder das Tier wird einfach ausgesetzt. Alleine in den Wäldern rund um Barcelona schätzen die Behörden die Zahl der verwilderten Hunde auf 60.000. Schafe, Kälber, ja selbst Zootiere fallen den Rudeln immer wieder zum Opfer.

Der meistgezüchtete Hund Spaniens ist der Rottweiler. Der „Metzgerhund“, wie der bullige Kurzhaarige im Volksmund heißt, ist vor allem in den Villensiedlungen rund um die großen Städte zum Statussymbol geworden. Insgesamt stehen die Spanier eher auf kräftigen Tiere. 40 Prozent der jährlich 125.000 neu gemeldeten Vierbeiner sind Jagd- und Kampfhunde. Dass der Umgang mit ihnen gelernt sein will, das freilich merkt so mancher erst zu spät. Übergriffe auf Passanten sind an der Tagesordnung. Die vorgeschriebene Leine und der Maulkorb werden gerne zu Hause vergessen. Antiautoritär ist angesagt, nicht nur beim Zögling, sondern auch beim Vierbeiner. Wo die beiden mangelhaft Erzogenen dann zusammenstoßen, kommt es schon mal zur Tragödie. So zerfleischte ein Rottweiler vergangenen Sommer ein kleines Mädchen. Der Hund war ihr zu Weihnachten geschenkt worden.

Auch eine andere Vorschrift im Umgang mit dem Hund wird gerne missachtet: die, den Kot wegzuräumen. Und das, obwohl überall auf den Gehsteigen Automaten aufgestellt sind, die kostenlose Hundkacke-Entsorgungstüten bereithalten. So zieren längst auch die Gehsteige spanischer Städte die noch vor wenigen Jahren unbekannten biologischen Tretminen. Madrids Stadtverwaltung hat längst spezielles Putzpersonal eingestellt, das sich des moto-caca bedient , eines kleinzylindrigen Geländemotorrads mit Staubsauger und Kotschnorchel.

Von Strafe für Gehsteigbeschmutzer will Madrids Bürgermeister Alvarez de Manzano nichts wissen. Anstelle von Bußgeld setzt er auf Überzeugungsarbeit. Für 25.000 Mark hat er ein Straßentheater angeheuert, das jetzt mit kurzen Stückchen Gemeinsinn vermitteln soll. Mit den Gemeindearbeitern allerdings geht Alvaro de Manzano härter ins Gericht. Zwei von ihnen wurden trotz Protesten der Opposition abgemahnt. Ihr Vergehen: Sie hatten sich geweigert, in einem Park Hundekacke mit der Hand aufzusammeln. REINER WANDLER