BAWe surft für uns

Wertpapieraufsicht geht für den Anlegerschutz ins Netz. Einen Tag lang suchten 220 Aufseher international nach Fallen und Betrügern

Wenn die Mitarbeiter von Behörden stundenlang vor ihren Computern hängen und munter im Internet surfen, ist das eigentlich ein Skandal. Die meisten versuchen dann auch, das nicht an die große Glocke zu hängen – na, Sie wissen schon: Presse, Bund der Steuerzahler und wer das noch so alles anprangert. Doch diesmal durften, mehr noch: mussten Behördenmitarbeiter surfen. Für uns. Kürzlich schnappten sich also 220 Mitarbeiter aus 21 Wertpapieraufsichtsbehörden gleichzeitig ihre Mäuse und suchten im Internet nach Anhaltspunkten für betrügerische Kundenwerbung, Betrug, Insiderhandel und Manipulationen wie Verbreitung falscher oder irreführender Informationen.

„Ziel der Aktion war es, einen Beitrag zum Anlegerschutz und zur Stärkung des Vertrauens der Anleger in die Märkte zu leisten“, heißt es beim Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) in Frankfurt. Weltweit überprüfte man dabei über verschiedene Zeitzonen hinweg mehr als 10.000 Web-Adressen.

Organisiert wurde die konzertierte Surfaktion vom Technischen Komitee der International Organisation of Securities Commissions (IOSCO). In dieser internationalen Vereinigung von Wertpapieraufsichtsbehörden wird Deutschland durch das BAWe vertreten. An der Aktion nahmen Wertpapieraufseher aus 20 Ländern teil, darunter Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, den Niederlanden, der Schweiz, den USA, Kanada, Japan, Hongkong und Australien.

Während der global koordinierten Aktion fanden die teilnehmenden Aufsichtsbehörden auf etwa 1.000 Internetseiten Anhaltspunkte für verschiedene Gesetzesverstöße, die die jeweilige Behörde weiterverfolgen wird. Rund 400 Funde betrafen grenzüberschreitende Aktivitäten. Dabei bediente man sich der Suchmaschinen und gab Begriffe ein wie „kein Risiko“ – „Zinsen“ – „hohe Rendite“.

Das 14-köpfige Internet-Surf-Team des BAWe betrachtete mehr als 600 Internetseiten und stieß dabei häufig auf Angebote für angeblich hoch rentierliche Anlagen, bei denen aber die erforderliche Risikoaufklärung fehlte. So habe man unter anderem Wertpapierangebote gefunden, ohne dass dafür „die notwendigen Prospekte bei uns hinterlegt waren“, so Behördensprecher Udo Fenchel. Außerdem fielen Wertpapierdienstleister ohne Zulassung auf. Sogar für den Handel mit Bankgarantien – die es gar nicht gibt – habe es Spuren gegeben, zudem ging man Anhaltspunkten nach, denen zufolge Daytrader ohne Zulassungen ihre Dienste anboten. Insgesamt geht das BAWe jetzt den Inhalten von gut 80 Internetseiten aufsichtsrechtlich nach, darunter „Manipulationen von Kursen sowie Verdachtsmomenten für Insiderhandel“, so Udo Fenchel. Andere Verstöße teilte man der Staatsanwaltschaft mit oder dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen.

„Das Internet bietet viele Chancen aber auch Risiken für den Wertpapierhandel. Anleger sollten sich dieser Risiken bewusst sein“, warnt Georg Wittich, Präsident des BAWe. Die Hessische Börsenaufsicht rät Börsennutzern, die Angaben auf Internet-Boards skeptisch zu würdigen, „bevor Sie eine Anlage-Entscheidung treffen“. Man sollte sich „nicht durch Hochreden oder Falschangaben manipulieren“ lassen. Wer durch eine nachweisbar gefälschte Information in ein Börsengeschäft gelockt werde, den Absender kenne und den „Sachzusammenhang schlüssig darstellen“ könne, sollte sich „nicht scheuen, dies – wie auch Versuche, durch gezielte Aktivitäten im Internet Börsenkurse zu manipulieren – bei der Staatsanwaltschaft oder dem Bundeskriminalamt anzuzeigen“.

Allerdings ist das Internet auf Grund „seiner spezifischen Gegebenheiten einer systematischen Kontrolle schwer zugänglich“. Deswegen seien die Strafverfolgungsbehörden auf Mithilfe angewiesen. Zu den wichtigsten Informationen gehören beispielsweise die Wertpapierkennnummer (WKN) des betroffenen Wertpapiers, Board(s) oder News-Group(s), wann die Falschmeldung erschienen ist (möglichst Kopie der Falschmeldung oder des betrügerischen Angebots mit Header) sowie weitere Anhaltspunkte zur Identität des Täters.

Beim BAWe versteht man die konzertierte Aktion eher als „symbolischen Akt“. Allerdings verfügten viele Mitarbeiter der Behörde über Internetzugang. Man sei, so Udo Fenchel, auch über diese Aktion hinaus „im Internet aktiv“. ALO