Abschied von der Gruft

Das Museum für Hamburgische Geschichte wandelt sich in den kommenden Monaten zum Erlebnismuseum
 ■ Von Eberhard Spohd

Wer noch einmal die Gruft besuchen will, möge sich beeilen. Am kommenden Sonntag schließt das Museum für Hamburgische Geschichte wie gewohnt um 18 Uhr seine Pforten, um sie erst am 12. Oktober wieder zu öffnen. Das Haus am Holstenwall wird umgebaut und soll in den kommenden zweieinhalb Monaten zum, so zumindest formuliert es sein Direktor Jörgen Bracker, „Erlebnismuseum“ werden. Ein Terminus, der einen stutzig werden ließe, ginge es nicht um das altehrwürdige Backsteingebäude bei Planten und Blomen.

Nachdem in den vergangenen zehn Jahren das Äußere des Museums runderneuert wurde – zum Beispiel durch die Überdachung des Innenhofs oder die Restaurierung des Petriportals – und damit die markante Dachlandschaft des Gebäudes und die Integration originaler Bauteile abgebrochener Häuser betont wurden, soll nun das Innere einen neuen Charakter erhalten: „Das Mausoleenhafte der Innenräume soll gemildert werden“, präsentiert denn auch Bettina Beermann, Öffentlichkeitsarbeiterin am Museum, die Pläne. So soll im Foyer durch einen neuen Anstrich die Düsternis vertrieben werden. Selbst vor Farben schreckt man im bislang einheitsgrau gehaltenen Eingangsbereich nicht zurück. Die strenge Einteilung der Halle in viereckige Abschnitte, auf die der Architekt Fritz Schumacher stets soviel Wert legte, wird durch einige Elemente zumindest aufgelockert.

Der Museumsshop wird vergrößert und im Bogen weiter in das Zentrum gezogen. Ergänzend werden Sitzecken für größere und kleinere Gruppen angelegt. Eine andere Neuerung ist eher fragwürdig: An einem Computerbildschirm können die Besucher bereits vor Betreten der Austellung einen Rundgang durch das Haus erleben, wie er ähnlich schon auf der Museums-Homepage im Internet zu sehen ist. Als ob die reale Ansicht ein Stockwerk höher das virtuelle Bild nicht ersetzen könnte.

Nach dem Aufstieg über die Freitreppe erwartet die Museumsgänger ein weiterer restaurierter Teil. Auch die obere Halle wird optisch aufgehellt. Außerdem soll dort „ein besonderes historisches Ereignis“ möglich werden: „Unsere Gäste haben die Gelegenheit, sich auf den von zehn Löwen auf Pfeilern eingefassten Börsenplatz von 1558 zu begeben“, beschreibt Bracker und erklärt, dass der nachgebaute Platz von den damals bestehenden Gesellschaften der Flandern-, England- und Schonenfahrer geschaffen worden sei. Die entsprechenden Wappen in den Pranken der Tiere zeigten dies.

Kernstück des Umbaus ist die völlig neue Mittelalter-Abteilung. Hier erfährt man auch, was sich hinter dem Begriff „Erlebnismuseum“ verbirgt. Die Schaukästen weichen dem dominierenden Element, dem Nachbau einer Kogge aus dem 14. Jahrhundert. Durch verschiedene Zeitfenster wird der Betrachter in die Hochzeit der Hanse versetzt. „Man steht im Laderaum des Schiffes, vor Teilen der Fracht, sieht, wie die Kogge beladen war und was sie an Bord hatte“, ergänzt Ralf Wiechmann, der Abteilungsleiter für das Mittelalter, „die Illusion wird perfekt sein.“

Die Wiedereröffnung des Museums im Oktober soll mit einem großen Mittelalter-Spektakel gefeiert werden, die Neuerungen nehmen damit aber noch kein Ende. Peu à peu werden auch die anderen Teile der Sammlung erneuert. Schließlich soll, voraussichtlich ab dem kommenden Jahr, auch das 20. Jahrhundert zu einer eigenen Abteilung werden. Schließlich sind auch die letzten hundert Jahre mit den zwei Weltkriegen, der Sturmflut oder den Beatles inzwischen Teil der Hamburgischen Geschichte, die das Museum repräsentieren will.