Letzte Ausfahrt Brunsbüttel

■ Wewelsflehter Peterswerft-Arbeiter demonstrieren auf der Elbe, weil sie Angst vorm Konkurs haben. Das Unternehmen leidet unter der Konkurrenz aus Südkorea
Von Kai von Appen

Als die „Finex Trader“ gestern zu früher Stunde die Peterswerft in Wewelsfleth zur ersten Probefahrt elbaufwärts Richtung Brunsbüttel verlässt, tutet das Nebelhorn die Wilster Marsch wach. Am hinteren Mast des neuen Containers weht neben der Flagge der Werft die Fahne der IG Metall, und auch am Mast des Zielhafens hängt das Banner der Gewerkschaft. Der „Finex Trader“ folgt die „Morgenstern“ – ein ebenfalls gerade auf der Peterswerft gebautes hochmodernes Fährschiff – auf der sich die Belegschaft befindet. Als beide Schiffe das enge Störsperrwerk passieren, ertönt erneut das Nebelhorn – unterstützt vom einem Konzert aus IG Metall-Tröten, auf denen geschrieben steht: „Uns reichts.“

Mit dieser Demonstration auf Stör und Elbe versucht die Belegschaft der Peterswerft gegen den drohenden Konkurs ihrer Traditionswerft Front zu machen. Am 13. Juni hatte der Inhaber, nach dem ihm die Banken den Geldhahn zugedreht hatten, ein Insolvenzverfahren eingeleitet. Nach Angaben des zuständigen IG Metall-Chefs Uwe Zabel hat die Belegschaft seither in eigener Regie sichergestellt, dass die „Nordstern“ und „Finex Trader“ fertiggestellt werden konnten, damit wenigstens die Löhne bis Ende August gezahlt werden können. Danach droht 200 ArbeiterInnen und 40 Auszubildenden die Entlassung.

Zu dem Protest zu Wasser sind neben den örtlichen Politikern und Solidelegationen anderer Werften auch politische Prominenz erschienen. So die schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD) und Dietrich Austermann (CDU). Während der Begleitfahrt der „Nordstern“ bestaunen die Petersarbeiter ihre „Finex Trader“. „Die sieht elegant aus“, schwärmt ein Malocher, „ja, die hat was Besonderes“, pflichtet ein Kollege bei. „Du kannst jeden Seemann fragen, alle sagen: Peters Schiffe sind gut.“

In der Tat hat sich die 1871 gegründete Traditionswerft in ihrer Größenordnung zu einem hochmodernen Schiffbaubetrieb gemausert. Auch über Auftragsmangel könnte sich die Werft wegen des guten Know-how eigentlich nicht beschweren, wenn es nicht die koreanische Konkurrenz gebe. Aufgrund der Subventionierung bieten die Koreaner Schiffsneubauten gleichen Typs weit unter Materialpreis der Peterswerft an.

Betriebsrat und IG Metall haben nun ein Wirtschaftskonzept erstellen lassen, wonach die Rettung der Werft durchaus möglich ist. Zabel: „Dazu bedarf es einem Investoren, der Bereitschaft des Insolvenzverwalters und der Banken sowie der verprochenen Unterstützung von Bundes und Landesregierung.“

Ein Konkurs hätte für die Region nämlich verheerende Folgen. Neben den 240 Arbeitsplätzen wären unmittelbar weitere 1000 Arbeitsplätze in handwerklichen Zulieferbetrieben betroffen – vom Wewelsflether Bäcker oder Lebensmittelladen ganz zu schweigen. „Es kommt einer Katastrophe gleich, wenn auf der Peterswerft nicht mehr gearbeitet wird“, klagt Bürgermeister Ingo Karstens auf der Kundgebung am alten Anleger. Motto: „Es ist fünf vor zwölf.“ Karstens: „Es kann und darf nicht zu einer Schließung der Werft kommen.“ Und auch Pastor Jan Siebmann hofft, dass die Gebete für den Erhalt der Arbeitplätze Gehör finden. Während Austermann von der Bundesregierung fordert, den „Schiffbau als Hochtechnologie“ zu würdigen, scheint auch Sonntag-Wolgast nach der Elbdemonstration die Dramatik erkannt zu haben – auch wenn der Spruch nicht unmittelbar von ihr stammt: „Wewelsfleth ohne Peterswerft ist wie die Stör ohne Wasser.“