unterm strich
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Die Oper scheint dieser Tage merkwürdige Magnetfelder aufzubauen: Nicht nur in Salzburg, auch in Bayreuth hängen tiefe Wolken über den Festspielen. Einen Tag vor der Eröffnung der 89. Richard-Wagner-Festspiele erklärte der Sänger Hans Sotin, der die Rolle des Gurnemanz im Eröffnungs-„Parzifal“ übernehmen sollte, nach einem Streit mit dem Dirigenten Christoph Eschenbach völlig überraschend seinen Rücktritt. Als Grund nannte Sotin, der seit seinem Debüt 1972 im „Tannhäuser“ in verschiedenen Rollen bei den Festspielopern zu sehen war, „unüberbrückbare Differenzen“ mit dem Dirigenten. Seine Partie übernahm bei der ersten Vorstellung der Festspiele gestern Abend Matthias Hölle, der eigentlich den Titurel singen sollte. Diese Rolle übernahm ebenso kurzfristig Alfred Reiter. Screwball in Bayreuth!!!

Kampfe der Titanen, Teil II: Gestern hob das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe jenes Urteil des Oberlandesgerichts München auf, das auf Antrag der Brecht-Erben dem Berliner Rotbuch Verlag seit 1998 die Buchverbreitung von Heiner Müllers „Germania 3 – Gespenster am toten Mann“ verbot. Die Erben wollten sich nicht damit abfinden, dass Müller Passagen aus Brechts Stücken „Das Leben des Galilei“ und „Coriolan“ in sein Drama eingearbeitet hatte. Auch die Münchner Richter befanden, dass „die Freiheit des Zitierens überschritten“ sei. Eher im Geiste Brechts urteilten nun die Karlsruher Richter: In der am Dienstag veröffentlichten Entscheidung heißt es, das OLG München habe die Tragweite der Kunstfreiheit „grundlegend verkannt“. Mit seiner Veröffentlichung stehe ein Kunstwerk nicht mehr allein seinem Inhaber zur Verfügung. Es werde mit der Zeit geistiges und kulturelles Allgemeingut und könne als Anknüpfungspunkt künstlerischer Auseinandersetzung dienen. Stehe ein geringfügiger Eingriff in die Urheberrechte „ohne die Gefahr merklicher wirtschaftlicher Nachteile“ der künstlerischen Entfaltungsfreiheit gegenüber, hätten die Verwertungsinteressen der Inhaber zurückzutreten.

Das finden wir gut: Unsere Aufsichtsrätin Elke Schmitter hat für ihren Roman „Frau Sartoris“ den Niederrheinischen Literaturpreis der Stadt Krefeld bekommen. „Frau Sartoris“ ist an „Madame Bovary“ angelehnt und erzählt die Geschichte einer einsamen Frau in der westdeutschen Provinz: ein Buch also, das einem in Krefeld möglicherweise sehr nahe sein kann. Der mit 10.000 Mark dotierte Preis wird zum neunten Mal verliehen. Und Elke Schmitter ist die „erste Frau“, die ihn bekommt, meldet dpa. Ach, Krefeld . . .