„Opposition ist mehr, als nein zu sagen“

CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz über die Strategie seiner Partei nach dem Debakel um die Steuerreform

taz: Sind Sie zufrieden mit dem Verlauf der Präsidiumssitzung?

Ruprecht Polenz: Ja. Es war eine gute Aussprache. Wir haben die Sache geklärt und können jetzt gemeinsam nach vorne blicken.

Das klingt ein bisschen zu harmonisch. Wird jetzt einfach weiße Salbe über Interessengegensätze und Meinungsverschiedenheiten geschmiert?

Nein, sondern man weiß, auf was man in Zukunft achten muss, wenn man Absprachen trifft. Wir dürfen uns dabei nicht überheben.

Heißt das, Sie wollen künftig keine Absprachen mehr treffen, die die Länder in ähnlicher Weise bindend verpflichten wie bei der Steuerreform?

Das heißt, dass wir die unterschiedliche Situation in den Ländern bei künftigen Absprachen genauer in unsere Strategie einbeziehen. Wir haben im Bundesrat eben keine Gestaltungsmehrheit.

Der Fehler lag also eher auf bundespolitischer Ebene als auf seiten der Länder?

Der Fehler lag darin, dass wir uns gemeinsam nicht hinreichend klar darüber waren, was wir durchhalten können und wo es Schwierigkeiten geben könnte.

In den letzten Tagen hat sich ein grundsätzlicher Dissens zwischen Angela Merkel und Friedrich Merz hinsichtlich der künftigen Strategie der Opposition angedeutet. Die Parteivorsitzende scheint eher auf Konsens zu setzen, der Fraktionschef setztstärker auf Konflikt mit der Regierung. Wer hat auf der Präsidiumssitzung die stärkeren Argumente vortragen können?

Angela Merkel und Friedrich Merz sind sich einig. Beide betonen, dass Opposition mehr ist, als nur nein zu sagen. Beide halten es für erforderlich, dass wir der Regierung eigene Konzepte entgegensetzen. Wir bieten Alternativen und schaffen Veränderungsdruck. Aber dort, wo es in der Sache Übereinstimmungen gibt, werden wir nicht nein sagen, nur weil die Regierung mal richtig liegt.

Diese Selbstverständlichkeiten ändern doch letztendlich nichts daran, dass die beiden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt haben.

Ach was! Bei der Frage Steuer sind wir gemeinsam der Meinung, dass wir viel erreicht haben. In einem ordentlichen zweiten Vermittlungsverfahren hätten wir noch mehr erreichen können. Gerade die last minute-Angebote von Eichel – über und unter dem Tisch – machen das deutlich. Bei der Rente konzentrieren wir uns auf die Sachfragen. Hier haben wir uns zwar in einer Reihe von Punkten durchsetzen können, aber da fehlt noch einiges zu einer guten Lösung. Es sind noch wichtige Fragen offen.

Mögliche Gespräche des Bundeskanzlers mit der PDS spielen also in diesem Zusammenhang inzwischen eine untergeordnete Rolle?

Es ist inzwischen auch von der Regierung klargestellt worden, dass sie bei den bisherigen Gesprächsteilnehmern bleiben will. Mit wem die Regierung im übrigen noch spricht, ist ihre Sache. Da trägt sie auch selber die Verantwortung.

Im Vorfeld der Präsidiumssitzung hat es auch an Ihnen Kritik gegeben. Sie seien zu wenig nach vorne gegangen, Ihre Mann- bzw. Frau-Deckung sei unzureichend gewesen. Haben Sie Fehler gemacht?

Man kann sicherlich immer etwas besser machen, und man darf mit seinen eigenen Leistungen nie völlig zufrieden sein. Insofern lernt man in den ersten hundert Tagen und auch jeden weiteren Tag hinzu.

Geht das etwas konkreter?

Wir sind in einer schwierigen Situation. Kampagnen können wir zum Beispiel nicht so machen wie ein großer Energiekonzern, der über Wochen rote Seiten schaltet, um sich dann später mit seinem Namen zu outen. Kampagnen, die wir machen, haben einen längeren Vorlauf. Sie müssen von der gesamten Partei und ihren Mitgliedern getragen werden, wenn wir in der Fläche wirksam sein wollen. In der Mobilisierung der Partei kommen wir voran. Aber ich bin noch nicht so weit, wie ich mir das wünsche.

INTERVIEW: BETTINA GAUS