It's all about respect

■ Ein Interview mit Stefanie Schulte-Strathaus, einer der Organisatorinnen der größten bisher in Hamburg gezeigten Frauenfilmreihe She's got it

Manche Filmreihen sind so schön, dass man vor Freude weinen oder Verabredungen ins Kino verlegen könnte. Etwa die Frauenfilmreihe She's got it, die bis Oktober im Metropolis gezeigt wird. Denn die Filme internationaler Regisseurinnen, die dort ein Rendezvous mit der Leinwand eingehen, sind nicht oft zu sehen. Mit Qualität hat diese Seltenheit nichts zu tun, wohl aber mit Männerdominanz und Eurozentrismus in den Vermarktungsstrukturen. Filme von finnischen, koreanischen oder tschechischen Frauen finden oftmals keinen Verleih, laufen nur auf Filmfestivals oder im eigenen Land. Ein Gespräch mit Stefanie Schulte-Strathaus, Mitorganisatorin der Reihe.

taz hamburg: Stefanie, du hast zusammen mit Dorothee Renner das begleitende Filmprogramm zur Internationalen Frauenuniversität (IFU) zusammengestellt, das auch in Hamburg läuft. Welche Kriterien hattet ihr bei der Auswahl?

Stefanie Schulte-Strathaus: Das wichtigste war uns die Internationalität. Wir wollten keine Retrospektive des feministischen Films zeigen, sondern länderübergreifend vorstellen. Sämtliche Langfilme sind aus den 90er-Jahren. Nur bei den Kurzfilmen sind wir in die Geschichte gegangen, haben einige Klassiker der feministischen Filmproduktionen aufgenommen. Es ist uns schwer gefallen, uns auf 24 Filme zu beschränken.

Viele Filme sind nicht bekannt. Woran liegt das?

Die Filme sind aus verschiedens-ten Gründen nicht im Kino gelaufen. Es sind Filme, die sich dem kommerziellen Bereich entziehen und teilweise schwierige Themen aufgreifen. Manche sind sehr mutig: Kleine Falken, große Falken von Vera Chytilová und Geographie der Angst von Auli Mantila beispielsweise greifen das Thema der Rache am Mann auf. Einmal geht es um Rache nach einer Vergewaltigung und das andere Mal geht es um einen sexistischen Fahrlehrer und dessen Machtverhalten. Das Rachethema ist ein uralter Gedanke, der jetzt in die 90er-Jahre bugsiert wird, um in einer Überzeichnung auf seine bleibende Aktualität hinzuweisen. Die Filme gehen nahe und regen zu Diskussionen an.

Was läuft im August in Hamburg?

Der Walzer auf der Petschora (1. August) spielt in der stalinistischen Zeit. Er handelt von einem kleinen Mädchen, das in ihrem Elternhaus einem russischen Besatzer begegnet. Ihre Eltern sind fort, verhaftet. In der Anfangsszene werden all die kleinen Gegenstände gezeigt, die sich im Haus befinden. Im Laufe der Zeit vernichtet der Besatzer diese kleinen Dinge – und damit die Geschichte der Familie. Geographie der Angst (9. August) ist eine Mischung aus Krimi und Thriller. Der Film beinhaltet aber mehr: „Its all about respect“, sagt Regisseurin Auli Mantila. Das ist einer ihrer Leitgedanken, der auch für die übrigen Filme stehen könnte. Der andere bezieht sich auf den Originaltitel des Films, Pelon Maantiede, gleichzeitig ein finnischer Ausdruck von StadtforscherInnen. Sie bezeichnen damit ihren Untersuchungsgegenstand, ob und wie eine Stadt für Frauen konzipiert ist. Geographie der Angst bezeichnet aber auch die Struktur der Angst und die Struktur eines gesellschaftlichen Miteinanders. Mantila ist stark auch von theoretischen Auseinandersetzungen geprägt. Obwohl diese Ausrichtung nicht immer leicht auf einen filmischen Gegenstand zu übertragen ist, gelingt ihr die bildliche Übertragung. Audi Mantila ist auch als Gesprächspartnerin sehr empfehlenswert. Sie ist sehr klug, kann präzise über ihre Arbeit reden und ist offen für Beiträge aus dem Publikum.

Ihr habt einige FilmemacherInnen im Programm, die sich einen Namen im internationalen Filmfeld erobert haben – ich denke an Birgit Hein, aber auch an Vera Chytilová. Könnt ihr Tendenzen erkennen, ob diese RegisseurInnen sich verändert haben?

Hein und Chytilová sind sich sehr treu geblieben hinsichtlich ihrer Überzeugungen und ihrer Leidenschaften, ihre Motivation ist ihnen nicht verloren gegangen. Bei Birgit Hein mit Baby I Will Make You Sweat (16. August) geht es um Sexualität, Körpererfahrungen und ihr Älterwerden. Bei Chytilová hat uns interssiert, was sie mit Große Falken, kleinen Falken (13. September) für einen Film gemacht hat, obwohl wir ihn gar nicht kannten. Er lief nie in einem deutschen Kino. Es gibt zwar einen Vertrieb, aber keinen Verleih. Chytilová macht explizit feministische Filme, und wir sind sehr gespannt, was sie in den 90er-Jahren daraus gemacht hat.

Vielen Dank für das Interview

Interview: Doro Wiese