Familienfrieden komplett

Nach dem Motto Weltkulturerbe trifft Weltkulturerbe: Eliades Ochoa und Caridad Hierrezuelo brachten den kubanischen Son auf die Museumsinsel

In diesem Jahr brachte das Balazs sein zweites kubanisches Filmfestival mit kubanischem Son ins Rollen. Diese Musik haben dank Wim Wenders viele Leute mittlerweile sowieso eher als Film in ihrem Kopf. Nach den Konzerten von Caridad Hierrezuelo und Eliades Ochoa auf der Museumsinsel wurden dann auch tatsächlich Filme gezeigt.

Wenn „Weltkulturerbe auf Weltkulturerbe“ trifft, so das Motto dieses Abends, dann geht es natürlich auch stilvoll und voller guter Absichten zu: Vor den Konzerten erfahren die rund dreitausend Besucher von einem gutgelaunten Unesco-Mitarbeiter, dass sie mit dem Kauf ihrer Konzertkarte immerhin fünf Mark zur Sanierung der Havannaer Altstadt beigesteuert haben. Die ist nämlich wie die Museumsinsel ein Unesco-Weltkulturerbe.

Die große, von steinernen Figuren beäugte Bühne zu Füßen des Pergamonmuseums betritt zunächst Caridad Hierrezuelo. Die 75-jährige, knallrot betuchte Sängerin stammt wie all die anderen Protagonisten des Abends nicht aus Havanna, sondern aus dem Osten Kubas. Sie wird nicht müde, in ihren kraftvoll vorgetragenen Sones von ihrer Heimat zu erzählen. Und sie wird auch nicht müde, sich beim Publikum zu bedanken, das mit einem Mojito in den klammen Fingern auf der regenfeuchte Wiese steht und mitwippt oder sich auf mitgebrachten Picknickdecken lümmelt.

Als der Star des Abends, Gitarrist und Sänger Eliades Ochoa, den Staffelstab übernimmt, sind die Hüftschwünge der Zuhörer schon sicherer und die Wetterlage ist es auch. Doch kein Konzert wolle er geben, sagt Ochoa, vielmehr habe er sich mit seinem fünfköpfigen Cuarteto Patria zu einer Art Familientreffen hier eingefunden.

Damit stößt der 53-jährige Youngster des Buena Vista Social Club durchaus auf offene Ohren. Als er pünktlich nach einer halben Stunde das wohl lang ersehnte „Chan Chan“ beschert, ist der Familienfrieden komplett. Doch letztlich sind es die vielen Sones und Guarachas seiner eigenen Platten „Sublime Ilusión“ und „Tributo al Cuarteto Patria“, auf die der Santiaguero an diesem Abend mit verlässlicher musikalischer Souveränität vertraut. Genauso wie auf die Spanischkenntnisse seiner Zuhörer, denen er in kleinen Statements seinen Stolz auf die traditionelle Musik und die Bauern Kubas kredenzt.

Nach zwei Zugaben und einer Jamsession mit Caridad und ihrem Sextett überlässt Ochoa das Publikum seiner Euphorie und verweist auf den anschließend auf einer großen Leinwand folgenden Film „Lágrimas Negras“.

KATRIN WILKE