Zwei Trickser haben sich selbst ausgetrickst

In Nicaragua wollten der liberale Präsident und die oppositionellen Sandinisten ihre Konkurrenten per Wahlausschluss ausschalten. Es ging schief

SAN SALVADOR taz ■ Das Ziel ist allen schon lange klar: Nicaragua soll ein Zwei-Parteien-Staat werden, in dem sich die Sandinisten Daniel Ortegas und die Liberalen von Arnoldo Alemán einträchtig an der Macht abwechseln. Dafür ist den beiden jeder Trick recht. Mitte vergangener Woche ist ihnen ein besonderer Coup gelungen: Die Wahlbehörde hat vier Parteien, in denen sich die Dissidenten von Sandinisten und Liberalen sammeln, nicht zur Kommunalwahl am 5. November und zur Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr zugelassen. Doch jetzt kann sich der Etappensieg ins Gegenteil wenden: Die Ausgeschlossenen verhandeln mit der zugelassenen Konservativen Partei Nicaraguas (PCN) über eine Allianz. Sollte sie gelingen, haben sich Alemán und Ortega erst eine richtig gefährliche Konkurrenz geschaffen.

Die Trickserei begann bereits im vergangenen Jahr. Sandinisten und Liberale verabschiedeten eine Verfassungsreform, nach der ein Präsidentschaftskandidat mit 35 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang als gewählt gilt. Vorher waren 45 Prozent nötig. Diese Klausel kam Sandinistenführer Ortega entgegen, der zwei Mal an der 45-Prozent-Hürde gescheitert ist, aber stets die 35er-Marke überwunden hat. Für den amtierenden Präsidenten Alemán wurde eine Klausel geschrieben, nach der Expräsidenten automatisch ins Parlament kommen und damit Immunität genießen. Der korrupteste Präsident Zentralamerikas ist also auch nach seiner Amtszeit vor Strafverfolgung geschützt. Weil eine direkte Wiederwahl des Präsidenten in Nicaragua nicht gestattet ist, darf Alemán 2001 nicht antreten.

Selbst kleine Details sind den beiden Machtjongleuren nicht entgangen. Bei der anstehenden Bürgermeisterwahl in Managua etwa wurde ein aussichtsreicher Kandidat mit einer Wahlrechtsreform aus dem Rennen geworfen: Sandinisten und Liberale beschlossen ein Gesetz, nach dem ein Kandidat mindestens drei Jahre in der Gemeinde leben muss, in der er gewählt werden will. Gleichzeitig wurde die Stadtgrenze von Managua neu gezogen. Sodass die Wohnung des zu verhindernden Kandidaten knapp außerhalb liegt.

Der jetzt beschlossene Wahlausschluss von vier Parteien wird nun damit begründet, die vorgelegten Unterlagen seien nicht genügend dokumentiert. Zugelassen wurden neben Liberalen und Sandinisten nur der Alemán nahe stehende „Christliche Weg“ und die Konservativen der PCN. Letztere war als Traditionspartei kaum auszuschließen; seit der Unabhängigkeit Nicaraguas vor 180 Jahren vertritt sie die Interessen der Viehzüchter und Großgrundbesitzer. Seit 75 Jahren hat sie nicht mehr regiert.

Jetzt könnte ihr großes Comeback kommen. Denn die Ausgeschlossenen wollen gemeinsam mit ihr in einer großen Allianz antreten. Ein gemeinsamer Präsidentschaftskandidat stünde schon parat: Augustín Jarquín, der ehemalige Chef des Rechnungshofs. Dass er im vergangenen Jahr von Alemán ins Gefängnis geworfen worden war, weil er dessen korrupte Machenschaften angeprangert hatte, hat seine Beliebtheit im Volk nur noch gesteigert. TONI KEPPELER