Alle sorgen nun fürs Klima

Ab sofort ist Trittin nicht mehr der Einzige, der sich um den Klimaschutz kümmern muss. Gestern verpflichtete das Kabinett auch Klimmt und Müller auf feste Beiträge

HANNOVER taz ■ Immerhin noch einen Zwischenbericht zu seinem Klimaschutzprogramm hat das Bundeskabinett gestern in Hannover auf seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause verabschiedet. Eigentlich wollte das Kabinett bereits eine komplette Klimaschutzstrategie bis zur Sommerpause vorgelegt haben. Darin sollten bereits die einzelnen Maßnahmen zur Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen beschrieben sein. Doch vor allem das Verkehrsministerium blockierte monatelang.

Nun musste Verkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) nachgeben – doch es gelang ihm immerhin, die Zielvorgabe für sein Haus etwas aufzuweichen.

Trotzdem bleibt es ein Erfolg von Bundesumweltminister Jürgen Trittin, die Ministerien endlich auf konkrete Einsparvorgaben festgelegt zu haben. Ausreden sind nun nicht mehr möglich: Auch das Verkehrs- und das Wirtschaftsministerium stehen nun in der Pflicht, etwas zum Klimaschutz beizutragen.

Im Einzelnen sollen bis 2005 in den privaten Haushalten und im Gebäudebereich 18 bis 25 Millionen Tonnen Kohlendioxid, in Energiewirtschaft und Industrie 20 bis 25 Millionen Tonnen und im Verkehr 15 bis 20 Millionen Tonnen eingespart werden. Ursprünglich hatte Klimmt beim Verkehr nach den Wünschen Trittins 20 Millionen Tonnen einsparen sollen, Klimmt hatte aber den Ausstoß im Verkehrsbereich sogar um 4 bis 5 Millionen Tonnen ansteigen lassen wollen.

Der Zwischenbericht lasse Varianzen zu und gebe den einzelnen Ressorts Gestaltungsfreiheit, sagte Trittin bei der Vorstellung. Die Fachressorts müssten jetzt aber auch selbst sagen, wie sie die vorgegebenen Reduktionsziele erreichen wollten.

Der Zwischenbericht ist in den letzten Wochen von einer Runde von Staatssekretären aus sechs Ministerien und dem Bundeskanzleramt erarbeitet worden. Er geht davon aus, dass tatsächlich nur noch eine Verminderung des Kohlendioxidausstoßes um 50 bis 70 Millionen Tonnen notwendig ist, um das weltweite Klimaschutzziel Reduktion der Emissionen um 25 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 umzusetzen. Beim Regierungswechsel 1998 sei zwar für das Jahr 2005 nur eine Einsparung von 15 bis 17 Prozent prognostiziert worden, heißt es in dem Bericht. Durch die Ökosteuer, das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Entwicklung der Benzinpreise unter Rot-Grün ergebe sich aber jetzt bereits bis 2005 gegenüber 1990 „eine Kohlendioxidminderung in einer Größenordnung von 18 bis 20 Prozent“. Ein Prozentpunkt entspricht ungefähr 10 Millionen Tonnen ausgestoßener Kohlendioxidgase pro Jahr.

Die Energiewirtschaft soll vor allem durch einen Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) zur Reduktion beitragen. Bis Mitte 2001 will die Regierungskoalition auf gesetzlichem Wege eine Quotenregelung für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung einführen, nach der ein bestimmter Teil des Stroms mit der klimaschonenden KWK erzeugt werden muss. Allein diese Quote soll eine Einsparung von 10 Millionen Tonnen bringen.

Eine neue Energieeinsparverordnung soll außerdem den Heizbedarf von Neubauten um rund 30 Prozent gegenüber dem bisherigen Standard mindern. Bei Altbauten sollen bestehende Förderprogramme zur Wärmedämmung ausgeweitet und optimiert werden.

Ein ganzes Maßnahmenbündel sieht das Programm auch beim Verkehr vor, der immer noch steigende Emissionen aufweist. Neben der streckenbezogenen LKW-Gebühr und der Förderung spritsparender Autos sollen auch Vereinbarungen mit der Industrie abgeschlossen werden, etwa zur Einführung von Leichtlaufreifen. Was im Einzelnen umgesetzt wird, ist aber noch unklar. JÜRGEN VOGES