Lehrlinge auf Wanderschaft nach Westdeutschland

DGB: Nur für jeden dritten Bewerber gibt es in Berlin einen betrieblichen Ausbildungsplatz. Die Jugendarbeitslosigkeit stieg um 16,5 Prozent

Ausbildungsplätze bleiben Mangelware. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) werden im Herbst für die rund 28.000 derzeitigen Berliner Bewerber nur etwa 11.000 Ausbildungsstellen in Betrieben zur Verfügung stehen.

Allgemein sieht es für junge Menschen düster auf dem Arbeitsmarkt aus: Gegenüber dem Vorjahr ist laut Landesarbeitsamt die Zahl der arbeitslosen Berliner unter 25 Jahren um über 4.000 auf rund 28.500 gewachsen – ein Anstieg von 16,5 Prozent. Ähnlich dramatisch sind die Zahlen für Brandenburg.

Man sei „meilenweit“ davon entfernt, den Ausbildungskonsens des Bündnisses für Arbeit in der Region zu erfüllen, erklärt Bernd Rissmann, stellvertretender Vorsitzender des DGB Berlin-Brandenburg. Nur mit Hilfe staatlicher Fördermittel könnten die Lücken geschlossen werden.

Die sind aber kein Allheilmittel: Ein Grund für den Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit ist laut DGB, dass das von der Bunderegierung initiierte Förderprogramm „Jump“, obwohl verlängert, keine Entlastung mehr bringe. Zudem hätten es Jugendliche, die nicht in Betrieben ausgebildet wurden, bei der Jobsuche schwerer.

Rissmann appelliert an die Betriebe, mehr Ausbildungsstellen zu schaffen. Der DGB-Vertreter sieht die Gefahr einer „Vergreisung großer Teile der Region“ durch die Abwanderung junger Menschen in die wirtschaftlich stärkeren alten Bundesländer. 1999 hätten 1.500 Berliner dort ihre Ausbildung begonnen. Fast die Hälfte derjenigen, die sich derzeit für eine Ausbildung bewerben, seien bereits im vergangenen Jahr auf der Suche gewesen.

Laut Manfred Roosch von der Ausbildungsvermittlung beim Landesarbeitsamt ist „die Lage auf den Ausbildungsmarkt in den letzten drei Jahren gleich schlecht geblieben“. Die Nachfrage übersteige in allen Bereichen das Angebot. Daran werde sich so schnell nichts ändern. Roosch warnt Schulabgänger aber davor, die Flinte ins Korn zu werfen. Gerade jetzt sei der Markt in Bewegung. Zudem seien neue Sonderprogramme angelaufen.

Nur Rainer Schöne, Bereichsleiter für die Berufsausbildung bei der Industrie- und Handelskammer, sieht die Lage gelassen. Zwar könne man mit der Ausbildungssituation erst zufrieden sein, wenn keine Förderprogramme mehr nötig sind. Die Erfahrung zeige aber, dass die Zahlen, mit denen jetzt Panik verbreitet werde, sich „plötzlich im September aufs Drastische reduzieren“. BERT SCHULZ