Tiefzeiten und ein Todesfall

Der „Lustknaben-Vorstoß“ des ehemaligen Fuldaer Erzbischofs Johannes Dyba zeigt plötzlich eine höchst erstaunliche Wirkung auf junge hochzeitswillige Menschen

Schon werden erste Fälle bekannt, wo junge Hetero-Paare ihr Aufgebot wieder zurückgezogen haben

Bei Schwulen und Lesben ist die Freude, von einigen ewigen Abweichlern abgesehen, enorm. Das neue Gesetz der Bundesregierung zur so genannten „Homo-Ehe“ stößt in der Szene auf allgemeine Zustimmung, und viele gleichgeschlechtliche Paare haben sich schon bei den Standesämtern angemeldet, um demnächst zu heiraten. Nur die katholische Kirche hebt mahnend die Augenbrauen, senkt den Daumen und penetriert die Öffentlichkeit mit einer ganzen Latte von Einwänden, allen voran der frisch verstorbene Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba sel., der in seinen allerletzten öffentlichen Äußerungen die Sanktionierung des Verkehrs mit „importierten Lustsklaven“ geißelte. Ausgerechnet Dyba, schmunzelten viele bei der Bundeswehr, der sich nach diversen Feldmessen immer gern mit Militärblaskapellen ablichten ließ – die glühenden Ohren und die vibrierende Soutane seien auf den Fotos gut zu sehen.

Die Kritik am neuen Gesetz kommt aber auch von einer anderen, unerwarteten Seite. Konservative Kritiker und Experten befürchten, dass die neue Gesetzgebung am Ende heiratswillige Paare abschrecken könne. Immer mehr „normale“ Bürger seien irritiert. Schon wären erste Fälle bekannt geworden, wo junge (Hetero-)Paare, die nicht mit den Perversen in einen Topf geworfen werden wollen, ihr Aufgebot kopfschüttelnd wieder zurückgezogen haben. Der Standesbeamte in Fürstenfeldbruck, Hellmuth Thormaier, sieht eine beunruhigende Tendenz: „Zu uns kommen neuerdings Leute, die sagen: Mit denen nicht! Wir wollen eine normale Familie gründen und vom Staat auch als eine solche respektiert werden.“ Seit der neuen gesetzlichen Regelung gehe die Zahl der Eheschließungen in Deutschland rapide zurück. Viele ließen sich jetzt, um auf Nummer sicher zu gehen, im Ausland trauen, in Polen oder im Iran, wo sichergestellt ist, dass gleichgeschlechtliche Paare nicht heiraten können.

Kritiker der Homo-Ehe monieren außerdem, dass alte Traditionen unterminiert zu werden drohen. Wer trägt wen über die Schwelle, wer gilt als Braut und darf beim Polterabend entführt werden, und wer darf einen letzten Junggesellenabend genießen? Hannelore Keck, Vorsitzende des Bundesverbands der deutschen Hochzeitsgesellschaften, sieht weitere ernste Schwierigkeiten. „Bei vielen Hochzeiten ist es zum Beispiel Brauch, dass Braut und Bräutigam einen Baumstamm zersägen ... Zwei Frauen, die schaffen das doch gar nicht!“ Auch sei fraglich, ob Arbeitgeber das in ländlichen Gebieten noch verbreitete Recht der ersten Nacht tatsächlich in Anspruch nehmen wollen. Wenn nicht bald etwas geschehe, werde diese Aufweichung des Hochzeitbrauchtums, so Keck, „unser aller Leben einschneidend verändern“.

Landauf und landab formieren sich die Bürgerproteste. Es sei unannehmbar, meinen viele Betroffene, dass man inzwischen schief angesehen und regelrecht verhöhnt werde, wenn man zu heiraten beabsichtige. Radikalere Gegner des neuen Partnerschaftsrechts fordern deshalb eine Kennzeichnungspflicht für Homo-Ehen, die deutlich sichtbar getragen werden soll. Die Bürgerinitiative „Pro domo – contra Homo“ will mit Eilanträgen an das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Verordnung durchsetzen. Sie fordert einen Rosa Winkel im Pass und auf der Heiratsurkunde sowie eine entsprechende Markierung an der Kleidung. Nur so, meint jedenfalls Regina Becker, Sprecherin von „Pro domo – contra Homo“, kann das ramponierte Image der deutschen Ehe im In- und Ausland wiederhergestellt werden. RAYK WIELAND