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: HELMUT HÖGE über glückliche Wasservögel

Entenmütter profitieren von der Treuhand

Neulich ruderte ich auf dem Neuen See im Tiergarten. Es wimmelte von Entenmüttern mit ihren Jungen. Auf den Inseln gab es neue Entenhäuschen zum Brüten, an vielen Stellen hatte man zudem kleine Bretter gebaut, um den Entenküken das Überwinden der Uferböschung zu erleichtern. Ein paar Tage später fuhr ich mit einem Fortbildungsdozenten nach Weimar. Unterwegs hielten wir an einer neuen Raststätte, neben der Abfahrt war in einer Senke ein kleiner Teich entstanden, auf dem man ein Entenhäuschen verankert hatte. „Das ist im Rahmen einer AB-Maßnahme in der Landschaftspflege geschehen“, meinte mein kundiger Begleiter.

Auch in Weimar entdeckte ich dann mehrere Entenhäuschen sowie Kükentreppen an den Gewässern. Dies sei im Zusammenhang der Aufhübschung der Stadt zur Kulturhauptstadt Europas – auf ABM-Basis – geschehen, erfuhr ich von einem Weimarer Galeristen.

Bereits im Jahr zuvor hatte ich anlässlich einer Recherche über die elf „Haustier-Rasseparks“, die im Osten mit ABM-Stellen auf abgewickelten LPG-Ländereien entstanden waren, festgestellt, dass sich die vom Arbeitsamt dafür abgestellten Mitarbeiter bei den Entenhäuschen für die Wasservögel jedes Mal besonders viel Mühe gegeben hatten. Damals maß ich dem keine besondere Bedeutung bei. Nun wurde mir jedoch klar, dass die Enten besonders von der Treuhand-Abwicklungspolitik und dem darauf folgenden ABM-Wahn profitiert hatten.

Einen Dämpfer verpasste mir dann aber der Lokalforscher Dr. Burghard Scherer, der in der Stadt mit der höchsten Arbeitslosenquote – in Bremerhaven – lebt. Auch mit ihm war ich auf den Seen des dortigen Bürgerparks rudern gegangen. Und richtig, auch dort gab es jede Menge Entenhäuschen sowie Kükentreppen, die man in Bremerhaven jedoch Entenrutschen nennt. Diese entenfreundlichen Einrichtungen waren ebenfalls auf ABM-Basis installiert worden. Gleiches galt für die Museumsschiffe in den ehemaligen Häfen: sie wurden und werden von arbeitslosen Werftarbeitern auf ABM-Basis hergerichtet – und sind insbesondere für Möwen eine wahre Wohltat. Dr. Scherer und ich, wir waren uns einig: All diese Maßnahmen zugunsten von Wasservögeln haben die ins Abseits geratene Industrie- und Handelsstadt ansehnlicher gemacht.

Scherer gab jedoch zu bedenken, dass dabei noch allzu oft die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. So hätten die entenfreundlichen Maßnahmen dazu geführt, dass diese Vögel sich wie blöd vermehrten. Man erwog den Abbau der Entenhäuschen, mindestens den Rückbau der Entenrutschen, der Arbeitssenator schlug das Einsammeln ihrer Eier vor – ebenfalls auf ABM-Basis. Schließlich konnte sich aber die zuständige karrierefeministische Abteilungsleiterin im Umweltsenat durchsetzen: Die allein erziehende Mutter hatte beobachtet, dass die Erpel sich überhaupt nicht um die Aufzucht der Küken kümmern und noch dazu den armen Entenmüttern auflauern – um sie zu vergewaltigen, was oft mit dem Tod der Küken einhergeht. Flugs verfügte sie, nahezu die gesamte Erpelpopulation einzufangen – und schnöde zu vernichten. Gesagt, getan!

Ähnliches ist nun auch im Tiergarten geplant. Die Spiegel-Edelfeder Matussek will angeblich mit einer Erpel-Rettungs-Kampagne dagegenhalten. Für die Bremerhavener Erpel kommt seine Schreibhilfe jedoch zu spät.