Solon und der Boom

In den ersten sechs Monaten setzte man rund 15 Millionen Mark um. Fraglich ist aber, ob Solon schon jetzt die Verlustzone verlassen kann

Vor einigen Wochen hat das Wirtschaftsmagazin Der Aktionär die Solon AG zum Microsoft der Solarbranche gepusht. Auch wenn das Berliner Solarunternehmen gute Zukunftsausichten hat, stimmt der Vergleich nicht. Denn Solon schreibt noch immer rote Zahlen. Das soll sich bald ändern: Mit frischem Geld aus einer Kapitalerhöhung soll kräftig in den Ausbau der Kapazitäten investiert werden.

Positive Impulse erhoffen sich die Solaner auch von der Auslandsexpansion. Auf der ordentlichen Hauptversammlung vergangenen Mittwoch präsentierte Solon keine spektakulären Nachrichten. Die wichtigsten Pläne hatte das Unternehmen bereits einige Tage zuvor auf einer Bilanzpressekonferenz mitgeteilt: Die Aktiengesellschaft will eine Kapitalerhöhung durchführen und an den geregelten Markt wechseln. Bereits in den kommenden Wochen sollen 306.250 neue Aktien ausgegeben werden. Die Vorbereitungen seien weitestgehend abgeschlossen, sagt Unternehmenssprecher Thomas Keup. Seinen Altaktionären räumt Solon ein Bezugsrecht im Verhältnis 10:1 für die neuen Wertpapiere ein. Der genaue Ausgabepreis muss noch festgelegt werden, er soll aber 20 Prozent unter dem Kurs der nächsten Wochen liegen.

Das frische Geld soll in erster Linie in den Ausbau der Kapazität gesteckt werden. Möglichweise wird Solon auch einen Konkurrenten übernehmen. „Es gibt aber derzeit noch nichts Konkretes“, sagt Birgit Flore, Finanz- und Personalvorstand von Solon. Im Vergleich zu anderen Anbietern ist die Produktionsleistung von Solarmodulen gering. Vergangenes Jahr wurden in den Werkshallen der Solon AG Module mit einer Gesamtleistung von gerade einmal 313 Kilowatt fertig gestellt. „In diesem Jahr wird die Leistung auf 2,2 Megawatt erhöht“, sagt Flore. 2001 sollen dann Solarzellen mit einer Kapazität von 6 Megawatt (MW) zu Modulen verarbeitet werden.

Die Produktionssteigerung ist prozentual gesehen zwar ein Erfolg, reicht aber nicht aus. Denn auch die Konkurrenten von Solon rüsten auf. Nach der Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) kündigten mehrere Solarunternehmen den Ausbau und Neubau von Produktionsstätten an. So will die Bonner Solarworld AG ein Werk mit einer Leistung von 50 MW bauen. Zudem drängen neue Anbieter auf den Markt: Die niederbayrische Brandl Solar AG will aus dem Stand im nächsten Jahr eine Produktionsleistung von 8 MW schaffen. Angesichts der großen Nachfrage nach Solaranlagen in Deutschland wird Solon nicht umhin kommen, seine Kapazität schneller und deutlicher auszubauen. Über den Absatz seiner Produkte braucht sich Solon jedenfalls nicht zu sorgen. „Der Solarboom hat uns prallvolle Auftragsbücher gebracht“, erklärt Vorstandsmitglied Alexander Voigt.

Das Unternehmen genießt einen guten Ruf in der Branche. Problematisch bleibt weiterhin die Gewinnlage. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres hat Solon rund 15 Millionen Mark umgesetzt. „Damit liegen wir leicht über dem Plan“, sagt Unternehmenssprecher Keup. Für das Gesamtjahr 2000 strebe die Gesellschaft einen Umsatz von rund 31 Millionen Mark an.

Fraglich ist allerdings noch, ob der Solarkonzern im laufenden Jahr die Verlustzone verlassen wird. „Unsere Hoffnung und interne Planung ist eine schwarze Null“, sagt Flore. Es könnte aber auch ein weiteres Jahr mit roten Zahlen ins Haus stehen. „Im schlechtesten Falle wird der Verlust 300.000 Mark betragen, im besten 500.000 Gewinn“, rechnet Flore vor. Das Geschäftsjahr 1999 hatte der Solon-Konzern mit einem Verlust von 7,06 Millionen Mark schließen müssen. Besser soll es im nächsten Jahr werden, da will Solon 80 Millionen Mark umsetzten und schwarze Zahlen schreiben. Von der ursprünglichen Absicht, Solarzellen herzustellen, hat sich Solon verabschiedet. Allerdings hat Reiner Lemoine, früher im Vorstand der Solon und jetzt im Aufsichtsrat, die Q-Cell AG gegründet. Diese soll künftig Solon mit Zellen beliefern. Eigenes Kapital will das Solarunternehmen nicht in dieses Geschäftsfeld stecken. Die Solon AG will ihr Auslandsaktivitäten forcieren. Bisher ist die Gesellschaft mit einem Tochterunternehmen in Marokko und auf Kooperationsbasis in Japan vertreten. „In Japan werden wir dieses Jahr ein konkretes Projekt umsetzten“, sagt Flore. Genauere Einzelheiten nennt sie nicht.

„Als Sprungbrett für Nordafrika und Spanien“ sieht Flore die marokkanische Tochtergesellschaft. Die Solon Solar Industries soll sich nach den Angaben von Birgit Flore „inzwischen tragen“. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte der Ableger 180.000 Mark Verlust erwirtschaftet. Nennenswerte Geschäfte seien auf dem Zukunftsmarkt nicht realisiert worden. Das soll sich aber ändern. In zwei Jahren will Solon eine Hotelanlage nebst Dorf mit seinen Solarmodulen bestücken. Das Auftragsvolumen soll „sehr deutlich über 400 Kilowatt“ liegen. Vorstand Flore sieht ihr Unternehmen gut auf dem Solarmarkt positioniert. Mit Microsoft möchte sie Solon jedoch nicht vergleichen. „Wir haben bewiesen, dass wir auf dem Markt bestehen können und wir sind startklar, wenn er explodiert.“ Bleibt die Frage, ob er das überhaupt tut. MARTIN MURPHY