Schweigend gegen Expo-Kündigungen

Expo-Guides protestieren gegen ihre Entlassung. Nur 220 der ursprünglich 1.000 TUI-Angestellten dürfen bleiben

HANNOVER taz ■ Stolz lächelnd standen sie in ihren blauen TUI-Uniformen zum Auftakt der Weltausstellung gemeinsam auf den Stufen der großen Expo-Treppe. Am Samstag nun machten 40 der TUI-Guides, der offiziellen Weltausstellungs-Führer, für sich selbst eine vorzeitige stumme Abschiedsführung über das Expo-Areal. Insgesamt 1.000 Arbeitskräfte, 800 extra für die Ausstellung geschulte Guides und 200 eigene Mitarbeiter, wollte die TUI ursprünglich auf der Expo beschäftigen. Nur noch knapp 220 Guides sind davon nach mehreren Kündigungswellen nun übrig geblieben. Die Besucherflaute auf der Expo trifft neben dem Steuerzahler vor allem jene Arbeitnehmer, die sich Expo-begeistert gezeigt und von der Weltausstellung einen attraktiven Job versprochen haben.

Mit im Schnitt 261.000 Expo-Gästen täglich haben Restaurants, Souvenirshops und auch die TUI ursprünglich kalkuliert, bei 83.000 liegt bislang der Tagesschnitt, mit leicht steigender Tendenz. Rund 3.000 Expo-Mitarbeitern wurde bereits gekündigt. Der größte Arbeitgeber auf der Weltausstellung, der Personaldienstleister Adecco, hat nach Angaben seines Expo-Betriebsrates allein 2.700 Kündigungen ausgesprochen. Ein Großteil der Gekündigten hat dabei trotz gültigen Arbeitsvertrages seinen Job erst gar nicht antreten dürfen. Mit ihrem kleinen Schweigemarsch über das Gelände am Samstag wollten die mutigsten 40 der zuletzt von der TUI gekündigten Guides „den Zahlen der Entlassenen ein Gesicht geben“, wie es eine junge Frau in blauer Uniform sagte, die nach ihrem Universitätsdiplom extra für den TUI-Job nach Hannover gezogen war und auf die Expo als Jobbörse gesetzt hatte.

Die nackten Zahlen sehen bei den TUI-Guides so aus: 1.800 Bewerber hatte das Touristikunternehmen urspünglich über Adecco unter Vertrag genommen. Davon wurden 1.200 nach einer Vorauswahl zu Expo-Führern geschult und 800 zum 1. Juni unter Vertrag behalten. Im Einsatz waren Mitte Juli dann nur 480. Von ihnen fanden am 25. Juli weitere 264 völlig überraschend das Entlassungsschreiben in ihren Expo-Briefkästen vor. Lediglich gegen 58 Kündigungen konnte sich der Adecco-Betriebsrat mit Hinweis auf besondere soziale Härten, etwa für allein erziehende Mütter, wehren. Diese 58 ehemaligen Guides sollen nun von Adecco einen anderen Job bekommen, was allerdings mit einer Senkung des bisherigen Stundenlohns von 21 Mark verbunden ist. Nicht einmal als Härtefall galt etwa der Guide Mondher Boutra, der Führungen in Französisch, Englisch, Arabisch und Deutsch geleitet hatte. Der Tunesier, der vorher in seiner Heimat bei einem Partnerunternehmen der TUI arbeitete, ist mit Frau und Kind vorübergehend nach Hannover gezogen, hat seine heimatliche Wohnung für die Expo-Zeit anderweitig vermietet und hat jetzt keinen Anspruch auf Leistungen des deutschen Arbeitsamtes.

JÜRGEN VOGES