daniel barenboim

Wunderkind, Alleskönner

Er ist der Liebling des Berliner Establishments. Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU) hatte ihn 1992 nach Berlin geholt, und der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) will ihn unbedingt halten: Seit zehn Jahren leitet der Pianist und Dirigent Daniel Barenboim, einst ein Wunderkind und noch immer ein Alleskönner, die Berliner Staatsoper Unter den Linden. 1942 in Buenos Aires geboren und in Israel aufgewachsen, trat Barenboim schon im Alter von sieben Jahren als Pianist öffentlich auf. Als Zwanzigjähriger begann er zu dirigieren, mit dreißig leitete er seine erste Opernaufführung. Er war seit 1975 Chef des Orchestre de Paris und von 1987 für skandalgeschüttelte 18 Monate Gründungsdirektor der Pariser Opéra de la Bastille, gefeierter Wagner-Dirigent in Bayreuth und häufiger Gast am Pult der Berliner Philharmoniker. Heute verbringt er vier Monate des Jahres in Berlin und leitet daneben das Chicago Symphony Orchestra. Doch der Hochbegabte, so das Urteil vieler Kritiker, scheint überfordert und verzettelt sich: „Tonleitern üben“, riet Klavierpapst Joachim Kaiser einst dem Pianisten Barenboim.