Klagelied der weltbesten Liga

Die Handball-Bundesliga geht erstmals mit 20 Mannschaften in die Saison, weil sich drei Teams in die höchste Spielkasse prozessiert haben und dort für Terminstress sorgen

ROTENBURG AN DER FULDA taz ■ Ganz schnell verschwunden war Daniel Stephan (26), Welthandballer 1999. Der nach langwieriger Daumenverletzung wiedererstarkte Spielmacher des TBV Lemgo entschwand nach der 23:27-Niederlage seines Klubs im Endspiel des Sparkassen Cups gegen den SC Magdeburg. Wobei nicht der Gram um den verpassten Sieg des mit 20.000 Mark dotierten deutschen Vorbereitungsturniers Grund zur Eile gab.

Das, was Herrn Stephan vom ausgiebigen Verweilen im lauschigen Kurhessen abhielt, war der Wunsch, nach fünf Tagen Trainings- und Spielstress nicht auch noch den Sonntagabend in Sporthalle oder Hotel zu verbringen. Zumal das Trainingscamp nur eines von mehreren in der seit vier Wochen laufenden Saisonvorbereitung war. Trotzdem hat sich der Sparkassen Cup seit 1995 als willkommene Erprobung des Ernstfalls etabliert. Einen ersten Eindruck von dem, was vom 11. August 2000 bis zum 26. Juni 2001 auf sie zukommt, haben sich außer Magdeburg und Lemgo noch der ThSV Eisenach, SG Wallau/Massenheim, HSG D/M Wetzlar und TSV Bayer Dormagen sowie drei ausländische und sieben Teams aus der 2. Liga ausgespielt.

Hohe Wettkampfbelastung und wenig Regeneration sind die beiden Parameter, die die kommende Saison bestimmen werden. Zwar kann sich im Grunde auch 2000/2001 jeder Spieler und jeder Trainer glücklich schätzen, der seinen Beruf in Deutschland ausüben darf; hier werden die höchsten Gehälter gezahlt; die Leistungsdichte ist am höchsten; es kommen die meisten Zuschauer und es gibt das größte Medieninteresse. Aber in diesem Jahr darf die Bundesliga noch aus einem anderen Grund „die stärkste Liga der Welt“ genannt werden.

Erstmals wird mit 20 Mannschaften in die Saison gestartet, nachdem sich die Teams der letztjährigen Relegationsrunde mit Wuppertal, Willstätt und Hildesheim mit Erfolg in die Liga geklagt hatten. Hintergrund hierfür war die Uneinigkeit zwischen dem Deutschen Handball-Bund (DHB) und der Ligavereinigung (HBVM) über die Einschätzung der Finanzen des Traditionsklubs VfL Gummersbach. Nachdem die in erster und zweiter Instanz für die Lizenzierung zuständige HBVM die wirtschaftlichen Voraussetzungen beim VfL für nicht erstligatauglich hielt, setzte sich der DHB in dritter Instanz über dieses Urteil hinweg und erteilte den Gummersbachern die Lizenz.

„Das hat dem Ansehen des Handballs geschadet“, ist nicht nur die Meinung von Fynn Holpert, Geschäftsführer des TBV Lemgo, wenngleich er den Blick nach vorn richtet: „Wir freuen uns alle, dass es wieder losgeht. Außerdem bin ich froh, dass endlich die Termine feststehen, denn wir spielen ja zusätzlich noch im europäischen Wettbewerb. Und auch der Modus ist jetzt klar.“ Das heißt: „Es wird am Ende dieser Saison vier Absteiger geben.“ Aber nicht nur die aufgestockte Liga führt zu Terminturbulenzen. „Es gibt in der ganzen Saison nur eine Woche ohne Mittwochs-Spieltag“, sagt Alfred Gislason, ehemals isländischer Nationalspieler, jetzt Trainer beim SC Magdeburg. Ausgenommen davon sind jedoch die spielfreien Wochen.

So muss die Liga nach fünf Spieltagen eine fünfwöchige Pause für die Olympischen Spiele einlegen, spielt dann von Oktober bis Anfang Januar durch, um für die Ende Januar stattfindenden Weltmeisterschaften erneut zu pausieren. Wobei „Pause“ lediglich Wettkampfpause in der Liga bedeutet. Die Nichtnationalspieler werden in dieser Zeit eine Art zweite und dritte Vorbereitung absolvieren.

Und die Daniel Stephans der deutschen Eliteliga, deren Leistungsträger seit den Auswirkungen des Bosman-Urteils zum großen Teil ausländische Nationalspieler sind, schwitzen erst in Sydney und dann in Frankreich. Dennoch ist trotz Spiel-, Trainings- und Reisestress in den kommenden elf Monaten beim deutschen Vorzeigehandballer Marke Lieblingsschwiegersohn Optimismus angesagt.

Nach drei Operationen an der Hand kommt er nun endlich wieder ohne Schmerzmittel aus und die Formkurve ist eindeutig ansteigend. So bleibt zum Abschied immerhin Zeit für ein spitzbübisches Lächeln, was eines nochmals unterstreicht: Der Mann hat Spaß an seiner Arbeit.

ANKE BARNKOTHE