Private Spekulationen

betr.: „Lust- und Liebesobjekt: der Macker“ von David Signer, taz.mag vom 29. / 30. 7. 00

[...] Wenn der Mann wirklich nur seine Erfahrungen wiedergeben würde, dann wäre der Beitrag langweilig bzw. etwas für sein Tagebuch. Durch die verallgemeinernden Aussagen über „dunkle Machos“ und „helle Feministinnen“ aber wird der Beitrag fremden- und frauenfeindlich, da er stereotypisierend abwertet. Menschen, die die feministische Diskussion der letzten beiden Jahrzehnte – insbesondere die Kritik von Afro-Amerikanerinnen und Afrikanerinnen und postkolonial inspirierten Feministinnen – auch nur annähernd verfolgt bzw. verstanden haben, würden solche platten Statements nicht von sich geben.

Der Autor gibt einen Erfahrungsbericht ab, wobei er von zwei konkreten Fällen („Eveline“ und „eine Bürokollegin“) erzählt und ansonsten von „zahlreichen Schweizerinnen“ oder „den Frauen“ sowie „einem Nigerianer, einem Pakistani oder einem Kolumbianer“ schreibt. Über den „Afrikaner“ und den Libanesen, die im Beitrag konkret beschrieben werden, erfahren wir, dass sie unterdrückerisch, faul und zudem Schmarotzer sind. Das alleine sind diskriminierende Zuschreibungen. Durch den verallgemeinernden Duktus des Beitrags („der Macker“) schreibt das Vorurteile fest, die gefährlich sind. Auch mit Spekulationen spart der Autor nicht: „ich nehme an, wenn sie am Abend nach Hause kam, . . .“ Dann maßt er sich noch an, pseudo-psychoanalytische Analysen von Evelines Verhältnis zu ihrem Vater abzugeben.

[...] Signers Beitrag verstößt klar gegen anthropologische, wissenschaftliche und nicht zuletzt ethische Grundprinzipien. [...] Wir hatten gedacht, dass gerade die Genderseite ein Konzept ist, das Stereotypen aufbrechen und sich von alten Schuldzuweisungsdiskursen verabschieden kann. [...]

REGINA FREY, HANNES DINGLER, Berlin

Ich weiß so gut wie nichts über Schweizer Feministinnen, ob sie wirklich beim Tofuessen Keith Jarrett hören und dabei über Julia Kristeva diskutieren. Ich weiß auch nicht, ob alle Schweizer Asylbewerber Machos und Betrüger sind und ihre eidgenössischen Frauen mit Hilfe von exotischer Reizwäsche und Aphrodisiaka ihr feministisches Überich ausleben. Ich habe auch keine Ahnung, warum Afrikanerinnen Schweizer Ethnologen heiraten.

Aber eins weiß ich nach diesem Artikel genau: Er beruht auf David Signers ganz privaten Spekulationen und Phantasien über progressive Frauen und den unfassbaren Fakt, dass diese es wagen, über den Abwasch zu streiten und dann auch noch Beziehungen mit Nicht-Schweizern einzugehen. Auf diese Erkenntnis hätte ich auch gut verzichten können.

RUTH WEISSMÜLLER, Saarbrücken