„Ich erzähle schlicht, was Fakt ist“

■ Die Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK) ist 20 Jahre alt geworden. Ein Grund zur Freude: Schließlich ist kaum eine Legislaturperiode ohne Schließungsandrohung vergangen. Nun soll die GAK mit der Städtischen Galerie fusionieren. Für GAK-Leiterin Eva Schmidt ist das (k)eine gute Idee

Im Sommer 1980 gründeten acht Bremer KünstlerInnen und Kunstinteressierte die Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK). Seither hat sich der gegenüber dem Neuen Museum Weserburg gelegene Kunstverein auch überregional einen guten Ruf als Ausstellungsort für junge internationale Kunst erworben. Parallel zum wachsenden Renommée aber hatte die GAK ständig mit Problemen zu kämpfen, war zeitweise ohne Räume und geriet immer wieder ins Visier der sparwütigen KultursenatorInnen – zuletzt im März diesen Jahres, als der GAK laut einem behördeninternen Entwurfspapier aus der Förderung gestrichen werden sollte. Mit der sturmerprobten Eva Schmidt, seit 1992 Geschäftsführerin der GAK, sprachen wir anlässlich des 20. Geburtstages über die GAK im Zeitalter der Synergiesuchenden.

taz: Einer der GAK-Gründer, Hochschule-für-Künste-Rektor Jürgen Waller, wünscht der GAK in einem Geburtstagsvideo, sie möge doch bitte noch etwas länger bestehen. Nervt es Sie nicht, dass die GAK auch nach zwei Jahrzehnten der Arbeit noch immer keine Bestandsgarantie hat, oder haben Sie sich schon daran gewöhnt, in regelmäßig von der Politik in Frage gestellt zu werden?

Eva Schmidt: Das nervt gewaltig, und daran gewöhnt man sich auch nicht. Ich mache seit Jahren meine Arbeit, verfolge sie mit Ehrgeiz und erhalte außerhalb Bremens sehr gute Resonanz auf das Programm. Und parallel dazu bekomme ich in Bremen immer wieder aufs Neue von den politisch Verantwortlichen zu hören, sie wüssten eigentlich nicht, was die GAK soll und ob das GAK-Angebot nicht beispielsweise vom Museum Weserburg übernommen werden kann.

Und, was antworten Sie dann immer wieder aufs Neue?

Ich erzähle schlicht das, was Fakt ist. Die GAK arbeitet ökonomisch extrem effizient, hat nur eine feste Stelle und deckt einen Großteil seines Finanzbedarfs durch eigene Akquise ab ...

Was kein Argument dagegen ist, das GAK-Angebot nicht doch besser vom Museum Weserburg oder einer privaten Galerie bereitstellen zu lassen ...

So weit war ich noch nicht. Die GAK ist ein privater Kunstverein mit einer stolzen Geschichte und viel ehrenamtlichem Engagement, das sich unmittelbar mit dieser Geschichte verknüpft. Würde man unseren Zuschuss dem Etat einer großen Einrichtung wie etwa dem Museum Weserburg zuschlagen, würde man mit dem selben Geld nicht einmal die Hälfte der Aktivitäten der GAK hervorbringen.

Das ist allenfalls ein pragmatisches, aber kein substanzielles Argument für die GAK.

Das substanzielle Argument ist schließlich, dass weder eine private Galerie noch ein Museum unsere Arbeit machen kann. Ein Museum ist eine große Institution mit sehr langfristiger Planung, die unmöglich zeitnah junge, unbekannte Künstler entdecken und ausstellen kann. Eine Privatgalerie wiederum muss sich selber tragen und kann sich das finanzielle Risiko nicht leisten, die mit der ständigen Ausstellung nicht etablierter Künstler einher geht. Ein Kunstverein wie die GAK hingegen kann sich nicht nur, er will sich dieses Risiko leisten. Wir können ausschließlich nach künstlerischen Kriterien neue Strömungen und Positionen suchen und zeigen. Eine Galerie unterliegt den Gesetzen des Marktes und arbeitet deshalb in der Regel mit einem kleinen Stamm von Künstlern zusammen, die sie dann immer wieder ausstellt. In der GAK aber zeigen wir immer neue, junge Leute zu Beginn ihrer Karriere, die häufig Arbeiten zur Schau stellen, die erst unmittelbar zuvor entstanden oder aber extra für die GAK produziert worden sind. Wenn man so will, arbeitet die GAK wie ein Seismograph der Kunstszene, quasi als Vorstufe zu einem Museum.

Diesem Vorstufenstatus ist es aber auch geschuldet, dass die GAK immer wieder ins Visier jener rückt, die im Kulturbereich nach den berüchtigten Synergieeffekten suchen. Zurzeit wird ja debattiert, ob die GAK nicht – irgendwie – zusammengelegt werden kann mit der Städtischen Galerie Buntentor unter dem Dach des ebendort geplanten „Kunstzentrums Buntentor“. Empfinden Sie diese Überlegungen der Kulturbehörde als Bedrohung oder als Reiz?

Zunächst: Ich verstehe ja, dass in jeder Legislaturperiode angesichts des ewigen Problems fehlender Finanzen neu überlegt wird, wie Geld effektiver eingesetzt werden kann. Was ich dabei nicht verstehe ist, warum dabei immer wieder alte Ideen aufgewärmt werden, die sich schon früher als kulturpolitischer Blödsinn erwiesen haben wie etwa die Einverleibung der GAK in die Weserburg. Denn alle, die sich in die Materie einarbeiten, stellen früher oder später fest, dass es für die Bildenden Künste in Bremen nicht zu viele Institutionen gibt, sondern jede ein eigenes Segment abdeckt, das ersatzlos wegfiele, würde man Institutionen zusammenlegen. Das kann man politisch wollen. Aber man sollte es dann auch als Kulturabbau kenntlich machen und nicht als verlustfreie synergetische Optimierung verkaufen. Das Projekt Kunstzentrum Buntentor ist dagegen im Prinzip eine interessante Idee. Aber auch da fehlt es mit Blick auf die Beziehung GAK-Städtische Galerie bislang an einem schlüssigem Konzept.

Inwiefern?

Das Konzept sieht meines Wissens bislang vor, dass diese beiden Institutionen innerhalb des Kunstzentrums in ihrer Eigenständigkeit erhalten bleiben. Wie das gehen soll und wodurch sich dieser Zustand vom jetzigen an getrennten Orten unterscheidet, ist aber unklar. Die Zusammenlegung von GAK und Städtischer Galerie macht aus unserer Sicht keinen Sinn, wenn dadurch das Angebot an Bildender Kunst in der Stadt geschmälert würde und die GAK auf die synergetischen Effekte verzichten müss-te, die sich bisher am Standort Teerhof durch die Nähe zur Weserburg ergeben. Vorstellbar wäre durchaus eine Galerie für junge Kunst, die die aktuelle regionale und internationale Szene zugleich verfolgt und ausstellt. Das kann ich aber in den bisherigen Planungen nicht erkennen. Insofern besteht für die GAK momentan kein Anlass, über die Aufgabe des Standorts Teerhof nachzudenken. Ein Umzug macht eh nur Sinn, wenn sich die Situation für die GAK verbessert.

In einem Interview vor fünf Jahren haben Sie gesagt, Bremen sei keine Hochburg der Bildenden Kunst. Hat sich seither daran etwas geändert?

Eine Hochburg ist es noch immer nicht geworden und wird es nie werden, weil die Stadt zu klein ist. Aktuelle internationale Kunst wird ihren Ort immer nur in den großen Weltmetropolen haben. Bremens Angebot ist aber spannend. Was die Museen und Galerien machen, muss keinen Vergleich scheuen. Aber das interessierte Publikum ist nicht gewachsen, es gibt praktisch keine Sammler in der Stadt, die Akzente setzen könnten. Und, damit hängt zusammen: Es entstehen kaum neue Galerien, in der Szene ist wenig Bewegung.

Wie groß ist der Wirkungskreis der GAK?

Natürlich rekrutieren wir den Großteil unserer Besucher aus der Region. Aber seit die GAK im Internet vertreten ist, merken wir deutlich, dass es einerseits viele überregional Interessierte gibt, die sich regelmäßig über unser Programm informieren und andererseits über diesen Weg und die Dokumentation unserer Ausstellungen auf unserer Homepage gezielt nach Bremen kommen. Die GAK hat halt einen sehr guten Ruf, unser Ausstellungsprogramm wurde im Rahmen des Wettbewerbs „Junge Kunst im Kunstverein“ zweimal ausgezeichnet. Insofern wird das in der Kunstszene aufmerksam regis-triert, was wir tun. Und nicht umsonst gelingen uns zuweilen Pionierausstellungen. Die sehr bekannte, junge britische Künstlerin Tracey Emin etwa hatte vor zwei Jahren in der GAK ihre erste Einzelausstellung in Deutschland überhaupt.

Frau Schmidt, jetzt sind Sie in diesem Interview erstmals aus der Defensive gegangen!

Was heißt defensiv? Wenn es um die Inhalte geht, hat die GAK ja nicht den geringsten Grund, defensiv zu sein. In die Defensive drängen uns immer nur jene, die an unsere Zuschüsse wollen ...

Wo wir gerade zum optimistischen Teil übergegangen sind – plant die GAK für die nahe Zukunft etwas Positives?

Es wird 2001/2002 eine Fortsetzung des großen Projektes „Do all oceans have walls?“ von 1997 geben, bei dem wir in Kooperation mit dem KünstlerHaus am Deich und der Städtischen Galerie mit geradezu mustergültigen synergetischen Effekten in den jeweiligen Einrichtungen sowie im öffentlichen Raum Kunstobjekte gezeigt haben. Fragen: zott