Der neue Wilmersdorfer Stern am Football-Himmel

Dennis Zimmermann ist Quarterback der American-Football-Jugendnationalmannschaft. Als solcher hält er dem deutschen Team den Rücken frei

Er ist groß. Er ist schlank. Er könnte Basketballspieler sein. Aber er spielt American Football. „Ich brauche Härte und Action im Sport“, sagt der 19-jährige Dennis Zimmermann. Mit seinen kurz geschorenen blonden Haaren sieht er aus wie ein amerikanischer Teenager.

Dennis ist Quarterback. Kein breites Kreuz, keine dicken Oberarme, keine schwarz gemalten Balken unter den Augen, wie man es von den Footballspielern, die man manchmal im Fernsehen sieht, kennt. Dennis ist schmal, flink und aufmerksam. Genau so muss ein Quarterback sein.

Als Quarterback ist Dennis aus Wilmersdorf so gut, dass er in der deutschen Jugendnationalmannschaft spielt. Der Quarterback ist der Spielmacher im amerikanischen Kultsport. Er muss das Spielfeld überblicken, Lücken entdecken und den Football an die richtigen Spieler abgeben. Shuan Fatah, Nationaltrainer bei „Berlin Thunder“, beschreibt Dennis als „den besten Junioren-Quarterback Deutschlands“. Gerade zeigt Dennis bei der Jugend-EM in Berlin, was kann. Das deutsche Team ist Titelverteidiger. „Wir haben gute Chancen“, sagt er, lehnt sich zurück und trinkt einen Schluck Cola.

Dennis ist eines von wenigen „hoffnungsvollen Talenten“, die in Deutschland von der NFL Europe gefördert werden. Wie es dazu kam, ist eine kurze Geschichte: Troy Aikman, Quarterback der Dallas Cowboys, ist sein großes Idol. Er bewunderte ihnschon als Elfjähriger im Fernsehen. Immer wieder kopierte er das Vorbild, übte mit seinem Stiefvater sonntags im Park und landete bei den „Berlin Adlern“. Während seine Freunde lieber das klassische runde Fußballleder kickten, setzte Dennis zum „Touchdown“ an. „Meine Freunde fanden das Scheiße“, erzählt er. Aber Dennis setzte sich weiter bei Vereinsmeisterschaften, Landesauswahlen und Trainingscamps durch. Schließlich schaffte er es als Back-up-Quarterback bei der EM 1998. Als zweiter Mann also. Ein Talentsucher erspähte ihn. Dennis wurde Teil eines Förderprogramms der NFL Europe. „Ich hab eben Glück gehabt“, sagt er und grinst.

Das Förderprogramm ermöglichte ihm ein Jahr an einer amerikanischen High School. Von den amerikanischen Kollegenlernte er zum Beispiel, wie man „das Backfield besser liest“. Das heißt: wie man als Spielmacher das Spiel besser einschätzen kann.

Mit einem High-School-Diplom in der Tasche kam er zurück nach Berlin. Sein neuer Verein wurden die „Berlin Bears“. Der Trainer Andreas Reichel ist Dennis’ Stiefvater. Bevorzugt hat er Dennis deswegen nicht. Er findet: „Dennis hat das alles durch eigene Leistung geschafft. Er kann die Mannschaft motivieren.“ Man merkt, dass die beiden ein gutes Verhältnis haben: Vor jedem Spielzug ein Blick zum Coach, Zeichensprache, Zurufe. Dennis bestimmt den nächsten Zug. Er sieht, wo sich Lücken auftun, verschafft sich Raum, gibt ab. Treffer.

Wie andere Teenager denkt Dennis über seine Zukunft nach. Im Januar hat er eine Masseurlehre angetreten. „Vielleicht kann ich Physiotherapeut werden.“ Als Nächstes steht jedoch ein Teamwechsel an: Mit 20 ist er zu alt für die Jugendmannschaft. Unbescheiden sagt er: „Wenn ich von einem NFL-Team ein Angebot kriegte, würde ich sofort rübergehen.“ Wenn es um einen Wechsel innerhalb Deutschlands geht, wären ihm die „Bochum Cadets“ am liebsten. Jetzt steht für Dennis indes erst mal die Europameisterschaft auf dem Programm. Am Donnerstag gewann das Team gegen Finnland, den dreimaligen Jugend-Europameister. Die Angst, den Finaleinzug nicht zu schaffen, ist stets das größte Hindernis. Doch wie immer tönte aus dem Stadionlautsprecher: „Schönster Pass in diesem Spiel bisher, geworfen von der Nummer 11, Dennis Zimmermann.“ EVA KÜHNEN