alexanderplatz

Das Kunstprojekt Common Place von Folke Köbberling

Als „städtebauliche Wüste“ war der Alexanderplatz nicht erst seit dem 1996 vorgelegten „Planwerk Innenstadt“ verschrien. Schon kurz nach der Wende galt es als ausgemacht, das markanteste Symbol des Städtebaus der DDR aus dem Stadtbild zu tilgen. Nach langem Hin und Her gewann schließlich der Architekt Hans Kollhoff den städtebaulichen Wettbewerb, der den Bau von zehn 150 Meter hohen Manhattan-Türmen vorsieht. Sieben von ihnen sind mittlerweile genehmigt. Allein die Zurückhaltung der Investoren hat den Alexanderplatz bislang vor dem größten Umbau seiner Geschichte bewahrt.

In diesem Zustand des Provisoriums kommt die künstlerische Intervention von Folke Köbberling gerade recht. Vier Wochen lang hat sie im Rahmen des Projektes „Berlin Alexanderplatz U 2“ der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) über 100 Einwürfe, Meinungsäußerungen und Liebeserklärungen von Passanten gesammelt. In einem ausrangierten Wartehäuschen der BVG bot Köbberling dabei Passanten an, auf deren Gepäck aufzupassen. Ihm Gegenzug durften diese ihre Gedanken zum Alex zu Papier bringen. Herausgekommen ist „Common Place“, Stadt aus der Sicht ihrer Nutzer. Im Dickicht des Berliner Urbanitätsdiskurs hatte diese Perspektive schon lange keine Konjunktur mehr.

Das Ergebnis, das bei der NGBK bald als Broschüre vorliegen wird, überrascht in vielfacher Hinsicht. Nicht nur zeigt es, dass die „Generation Alex“ längst ihren Frieden mit der DDR-Moderne geschlossen hat. Auch die bislang geltende Auffassung, derzufolge der Alex im Osten angenommen, im Westen aber als als Katastrophe empfunden wird, stimmt offenbar nicht. Mittlerweile haben sich auch Westberliner den Platz angeeignet und empfinden ihn als unaufgeregte Alternative zum Stadtplanungsdiktat, mit dem seit Jahren Dichte als Synonym für Urbanität verordnet wird. Offenbar lassen Räume, die nicht bis auf den letzten Quadratmeter zugebaut sind, auch mehr Raum für Fantasie. UWE RADA