Braune in Lohn und Brot

Eine Fülle von Ein- und Aufstiegschancen kennzeichnet das Berufsbild des Nazis

„Wie wird man ein rechtsradikaler Schläger?“, frug vor ein paar Tagen die Bild-Zeitung und hatte nicht die Spur einer Ahnung. Ebenso im Nebel seiner Denkungsart ruderte Wolfgang Thierse, der immerhin der erste Offizielle gewesen ist, der die seit der Wiedervereinigung, also seit circa zehn Jahren, grassierende und nur vorsätzlich zu leugnende Konjunktur von Volkssturm und Reichskorps überhaupt wahrnehmen mochte. Ebenso die bei „Christiansen“ im Fernsehen herumsitzenden Trittin, Schönbohm & Co., die unisono nicht verstehen, wie das „in unserem Land“ (Christiansen) passieren konnte und warum die jungen Leute sich, „anstatt mit Wasserfarben zu malen“ (Horst Tomayer), für eine Laufbahn im boomenden rechtsradikalen Hetz- und Schlacht-Gewerbe entschieden haben.

Ja, wie geht das überhaupt, „wie wird man ein rechtsradikaler Schläger?“ Die Frage klingt suggestiv und fast flehentlich, als herrsche hier ein Mangel an Ausbildungsplätzen vor. Das aber ist nicht der Fall. Eine Fülle von Ein- und Aufstiegschancen kennzeichnet das Berufsbild und macht es attraktiv. Überall sind Talentspäher unterwegs, die junge Leute mit der richtigen Frisur und den rechten Abzeichen für die nationale Front rekrutieren. Ein Netz von völkischen Hochschulen überzieht, besonders im Osten, das Land, an denen Grundkurse angeboten werden. In Universitäten des vierten Lebensalters können Altkader, die den Anschluss verloren haben, ihre Kenntnisse auffrischen. Jeder, der diesen Job machen will, bekommt auch eine Chance.

„Wie wird man ein rechtsradikaler Schläger?“ Wichtige Voraussetzung ist eine gute körperliche Verfassung. Die Szene betreibt Fitnesscenter, wo mit Spezialgeräten beispielsweise das Heben des rechten Arms trainiert wird. Auf „Kill-dich-Pfaden“ im Weichbild ostdeutscher Städte werden Hetzjagden eingeübt bzw. gleich am lebenden Versuchsobjekt durchgeführt. Vorgesehen sind ferner Belastungseinheiten unter Alkoholeinfluss, und nur jemand, der mit 2,5 Promille noch einen Kameraden von einem Neger unterscheiden kann, wird eingestellt.

„Wie wird man ein rechtsradikaler Schläger?“ Effiziente Eignungstests selektieren die Szene schnell in Kader und Spinner. Bewerber müssen einen Fragebogen ausfüllen, anhand dessen die geistige Reife schnell ermittelt wird. Aufgeführt sind Fragen nach der Lieblingsfarbe (Grün/Rot/Braun) oder nach dem Platz der Frau (Büro/Herd), ferner zu ergänzende Sätze wie: „Ich bin stolz, ein ... zu sein (Deutscher, Asiate, Sudanese)“ oder „Deutschland den ... (Deutschen, Asiaten, Sudanesen)“. Obligatorisch ist zudem die freihändige Zeichnung des Hakenkreuzes in der richtigen Richtung. Jeder, der das beherrscht, ist geeignet.

„Wie wird man ein rechtsradikaler Schläger?“ Das ist auf jeden Fall auch eine Typfrage. Nicht jedem steht die Schnottenbremse, und nicht jede Skinhead-Frisur lässt sich problemlos scheiteln. Manchmal ist auch – per Zwangstätowierung oder Hinterkopffrisur – sanfter Druck vonnöten, um das Erscheinungsbild abzurunden. Rigoros wird die Frage der Schnürsenkelfarbe gehandhabt. Jeder, der hier patzt, ist mit Sicherheit nicht dabei, alle anderen aber dürfen mitmachen. Und gleich in der Praxis lernen, alle Anforderungen des interessanten Berufes zu meistern. Kaum eine andere Tätigkeit ist momentan so begehrt und angesagt. Die Arbeit im Team, der direkte Kontakt mit Menschen aus aller Welt, die Wohnung am Arbeitsort und soziale Anerkennung sind in unserer Zeit sehr rar geworden / gelegentliche Hautabschürfungen, Brandverletzungen oder Gefängnisaufenthalte aber nimmt man gern in Kauf für diesen Job: Ausländer morden. RAYK WIELAND

Hinweis:Effiziente Eignungstests selektieren die Szene der rechten Schläger schnell in Kader und Spinner